Juni 2024

1. Der Erzbischof lädt zum Ehrenamtstag ein – neuer Termin!

Bereits in der Aprilausgabe hatten wir Sie im Auftrag des Erzbischofs zum nächsten Ehrenamtstag eingeladen. Da das ursprünglich für den 16.11.2024 in Schwerte vorgesehene Treffen aus terminlichen Gründen verschoben werden musste, bitte wir Sie den aktuellen Stand zur Kenntnis zu nehmen: Die Veranstaltung, deren Hauptziel Dank und Anerkennung fürs Engagement in der Geflüchtetenhilfe ist, findet nun am Samstag, 15.02.2025 im Haus Maria Immaculata, Paderborn, statt. Nähere Informationen werden nach den Sommerferien auf der Website der Flüchtlingshilfe (www.fluechtlingshilfe-paderborn.de) veröffentlicht. Für weitere Informationen steht das Tagungssekretariat ab sofort zur Verfügung. Kontakt:

2. Von einem Rekord zum nächsten: Weltweit 120 Millionen Menschen auf der Flucht

Seit 2001 wird am 20. Juni der Weltflüchtlingstag begangen. Aus diesem Anlass veröffentlichte das UNHCR auch in diesem Jahr seinen aktuellen Jahresbericht mit einem neuen Rekord an Geflüchteten: Über 117 Millionen Menschen waren Ende 2023 auf der Flucht (Mai 2024 bereits 120 Mio.). Die meisten von ihnen sind Binnenflüchtlinge, suchen also innerhalb der Grenzen des eigenen Landes Schutz vor Verfolgung, Hunger und Menschenrechtsverletzungen. Nach dem Iran (3,8 Millionen), der Türkei (3,3 Millionen) und Kolumbien (2,9 Millionen) ist Deutschland mit 2,6 Millionen das viertgrößte Aufnahmeland.  Ende letzten Jahres wurden in der EU 1.048.830 Asyl-Erstanträge gestellt, 329.035 (31,3 %) davon in Deutschland. In einer Erklärung anlässlich des Weltflüchtlingstages hat der Flüchtlingsbeauftragte, Ralf Nolte, erklärt, dass Menschenrechte nicht zur Verhandlungsmasse werden dürfen und für mehr Sensibilität zum Umgang mit Geflüchteten eingeladen.

3. Gemeinsamer Offener Brief "Menschen schützen statt Asylverfahren auslagern"

In einem gemeinsamen Offenen Brief von über 300 zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter auch der Deutsche Caritasverband, werden Bund und Länder aufgefordert, die Auslagerung von Asylverfahren klar abzulehnen und sich stattdessen gemeinsam mit der Zivilgesellschaft für eine zukunftsfähige Aufnahme von Schutzsuchenden in Deutschland stark zu machen. Die Unterzeichnenden erklären: „Pläne, Flüchtlinge in außereuropäische Drittstaaten abzuschieben oder Asylverfahren außerhalb der EU durchzuführen, funktionieren hingegen in der Praxis nicht, sind extrem teuer und stellen eine Gefahr für die Rechtsstaatlichkeit dar. Sie würden absehbar zu schweren Menschenrechtsverletzungen führen, wie pauschale Inhaftierung oder dass Menschen in Länder abgeschoben werden, in denen ihnen menschenunwürdige Behandlung oder Verfolgung drohen“. In einer begleitenden Presserklärung fordert der Deutsche Caritasverband echte Lösungen für die eigentlichen Probleme zu finden statt Asylverfahren auszulagern.

4. Neues Papier der Caritas zur Ausweisung und Abschiebung

In Migrationsdebatten kommt regelmäßig die Frage auf, warum sich manche Ausländer*innen in Deutschland aufhalten, obwohl sie ausreisepflichtig sind. Oder warum Menschen, die hier das Kalifat einführen wollen, nicht des Landes verwiesen werden. Nach schweren Straftaten, wie zuletzt nach dem Tod eines Polizisten in Mannheim, wird neben der „vollen Härte des [Straf]Gesetzes“ auch konsequente Abschiebung gefordert. Doch wie ist die Rechtslage? In einem Rechtsstaat kann und darf auch berechtigte Empörung nicht dazu führen, dass Menschenrechte missachtet und „kurzer Prozess“ gemacht wird.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Abschiebung erfüllt sein? Und was bedeutet es, wenn die Abschiebung ausgesetzt ist? Dieses Fact Sheet versucht solche Fragen zu beantworten und die Begriffe kurz zu erläutern.

5. Inkrafttreten der Chancenkarte und weiterer Neuregelungen zum 1. Juni 2024

Das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung wurde im Herbst 2023 verabschiedet und enthielt ein Bündel von Maßnahmen, mit denen insbesondere der Arbeitsmarktzugang von Personen mit akademischer Ausbildung sowie von Personen mit anerkannten beruflichen Qualifikationen verbessert werden soll. Die Neuregelungen des Gesetzes traten in verschiedenen Stufen zum 18. November 2023 und zum 1. März 2024 in Kraft. Nun ist zum 1. Juni 2024 auch die dritte und letzte Stufe in Kraft getreten. Umgesetzt wurden insbesondere die Regelungen zur Chancenkarte und eine Ausweitung der sogenannten Westbalkanregelung. Außerdem ist es künftig in vielen Fällen (vor allem bei Studienzwecken) nicht mehr notwendig, dass die Ausländerbehörde am Visumverfahren beteiligt werden muss. Hier lesen Sie ausführliche Erläuterungen vom Informationsverbund Asyl & Migration.

6. Aktualisierte Anwendungshinweise zum Chancen-Aufenthaltsrecht

Das BMI hat aktualisierte Anwendungshinweise zum Chancen-Aufenthaltsrecht nach § 104c AufenthG herausgegeben. Diese enthalten insbesondere Ergänzungen und Änderungen zu folgenden Punkten (Mehr dazu auf der Website des Flüchtlingsrates Niedersachsen):

  • Betonung der Wichtigkeit, Anreize zu setzen und Unterstützung zu gewähren, damit ein erfolgreicher Übergang aus dem Chancen-Aufenthalt in den Folgetitel möglich wird (Kapitel 0)
  • Ergänzende Hinweise zur Frage der Kumulierung bei begangenen Straftaten (Kapitel 1.7)
  • Ergänzende Ausführungen zum Rechtskreiswechsel (Kapitel 1.11)
  • Hinweis auf vorrangige Prüfung der Voraussetzungen der §§ 25a, 25b AufenthG (Kapitel 2.1)
  • Erteilung eines Reiseausweises für Ausländer zum Zwecke der Ausreise zur Erlangung eines Passes (Kapitel 2.3)
  • Ausführungen zur überwiegenden Lebensunterhaltssicherung bzw. zur Prognoseentscheidung (Kapitel 2.4 – neu)
  • Ergänzungen zu Kapitel 3 (Integrationsmaßnahmen)

7. Neue Arbeitshilfe des Paritätischen erschienen: Aufenthalte zu Bildungs- oder Erwerbszwecken

Bereits in den vergangenen Jahren gab es diverse gesetzliche Neuregelungen, die darauf abzielten, die Erwerbsmigration nach Deutschland zu erhöhen. Mit dem Gesetz und der Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung wurden weitere neue Möglichkeiten geschaffen. Nun wird es sowohl für viele Fachkräfte und Auszubildende, als auch für geringqualifizierte Arbeitskräfte aus Drittstaaten einfacher werden, einen Aufenthaltstitel zu Ausbildungs- oder Erwerbszwecken zu erhalten. Die neue Arbeitshilfe des Paritätischen Gesamtverbandes „Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2.0“ gibt einen Überblick über die wichtigsten rechtlichen Regelungen für die Aufenthalte zum Zwecke der Arbeit, der Ausbildung und des Studiums. Ziel ist es, Möglichkeiten und Grenzen der gesetzlichen Änderungen zu verdeutlichen und Beratungskräften eine möglichst praxisnahe Unterstützung im Beratungsalltag zu bieten. Mehr

8. Vorübergehender Schutz für Ukrainer*innen um ein weiteres Jahr verlängert – gilt nicht für alle Drittstaatsangehörigen

Die Frage, wie es ab März 2025 aufenthaltsrechtlich weitergeht, hat jüngst viele Menschen aus der Ukraine verunsichert. Nun scheint Klarheit darüber zu herrschen. Laut einer politischen Erklärung des EU-Rates soll der vorübergehende Schutz für Ukrainer*innen und für Menschen mit unbefristetem ukrainischem Aufenthaltstitel um ein weiteres Jahr, bis zum 04.03.2026, verlängert werden. Mit dem offiziellen Beschluss wird in den nächsten Wochen gerechnet.

In Deutschland gilt diese Vereinfachung nicht für bestimmte Gruppen mit befristetem Aufenthalt in der Ukraine. Bereits seit dem 05.06.2024 gelten für sie andere Regelungen. In diesen Fällen rät das BMI in einem Länderschreiben dazu, die Möglichkeiten eines Wechsels in einen anderen Aufenthaltstitel zu klären oder ins Asylverfahren zu gehen. Bereits erteilte Aufenthaltserlaubnisse nach § 24 AufenthG behalten bis zum 04.03.2025 ihre Gültigkeit.

9. EuGH: Internationaler Schutz für Frauen, die sich mit dem Wert der Gleichheit von Frauen und Männern identifizieren

In einem Urteil vom 11.06.2024 hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass Frauen, auch minderjährige, die als gemeinsames Merkmal ihre tatsächliche Identifizierung mit dem Grundwert der Gleichheit von Frauen und Männern teilen, zu der es im Zuge ihres Aufenthalts in einem Mitgliedstaat gekommen ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt bekommen. Geklagt hatten zwei irakische Mädchen, die sich seit 2015 ununterbrochen in den Niederlanden aufhalten. In der Klagebegründung hatten sie die Befürchtung aufgeführt, wegen ihrer Identität, die sich in den Niederlanden geformt habe, im Irak verfolgt zu werden. Näheres in der Pressemitteilung (Az. C-646/21)

10. Interessensbekundungsverfahren Innovationsprojekte „Demokratie leben!“

2025 startet das Bundesprogramm "Demokratie leben!" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in die dritte Förderperiode. Das Programm wurde weiterentwickelt und dabei die Ziele und Strukturen neu justiert sowie stärker fokussiert – vor allem mit Blick auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und auf Grundlage der gewonnenen Erfahrungen aus den bisherigen Förderperioden. Förderfähig sind Innovationsprojekte in den Themenbereichen Demokratieförderung, Extremismusprävention und Vielfaltgestaltung. Die Förderaufrufe und weitere Informationen sind hier veröffentlicht. Frist für die Interessensbekundung: 15. Juli 2024, 13.00 Uhr.

11. Aktualisierter Leitfaden zur Unterbringung Geflüchteter in privatem Wohnraum

Der Deutsche Caritasverband hat den im Jahr 2022 veröffentlichten Leitfaden zur Unterbringung Geflüchteter in privatem Wohnraum aktualisiert. Auf Grundlage der Erfahrungen, die in den vergangenen Jahren mit der Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine gesammelt wurden, konnten Anpassungen vorgenommen werden. Der aktualisierte Leitfaden kann hier heruntergeladen werden.

12. Bundesländerstudie: „Ohne sie geht nichts mehr“

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat ihre Studie „Ohne sie geht nichts mehr“ aus 2021 aktualisiert, um der Frage nachzugehen, welchen Beitrag Migrant*innen und Geflüchtete zur Schließung der Fachkräftelücke leisten können. Die Autor*innen der Studie zeigen anhand der aktuellen Zahlen, dass sich die Fachkräftelücke in Fachkraftberufen im Jahresdurchschnitt 2022/2023 im Vergleich zum Vorjahresdurchschnitt um 12,4 Prozent vergrößert hat. Auch bleiben immer mehr Ausbildungsstellen unbesetzt.

Seit 2020 sind sowohl der Anteil der Migrant*innen an allen Beschäftigten von 10,5 auf 11,9 Prozent als auch der Anteil der Geflüchteten von 0,7 auf 1,0 Prozent gestiegen. Die Auswertungen zeigen, dass Geflüchtete verhältnismäßig oft Ausbildungen in Engpassberufen annehmen, und dass Migrant*innen und Geflüchtete – insbesondere in den am Arbeitsmarkt besonders stark nachgefragten Berufen – einen wichtigen und überdurchschnittlichen Beitrag zur langfristigen Fachkräftesicherung leisten. Die Auswertung liefert zudem einen Überblick über die Situation unbesetzter Ausbildungsplätze in Engpassberufen, die gezielt beworben und gefördert werden können. Mehr

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Gut zu wissen ...

Immer wieder erreichen uns Fragen nach Rechtsprechung und Erlassen u.a. zu Dublin-Verfahren, Aufenthaltsrecht, Asylrecht, AsylbLG. Um Redundanzen zu vermeiden möchten wir an dieser Stelle auf die Entscheidungsdatenbank des Informationsverbundes Asyl & Migration verweisen. Interessierte können außerdem den Newsletter des Informationsverbundes abonnieren. An dessen Ende steht immer eine Übersicht zur aktuellen Rechtsprechung.

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Herausgeber: Ralf Nolte, Flüchtlingsbeauftragter

Redaktion: Hezni Barjosef, Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,