Oktober 2023

1. Faktenblätter der Caritas zur aktuellen Debatte um Flucht und Migration

Die schrillen Töne in der Debatte um Flucht und Migration sind in den letzten Wochen und Monaten nicht zu überhören. Während einige lösungsorientierte Ansätze wie etwa ein schnellerer Arbeitsmarktzugang für Asylsuchende und eine gesteuerte Fachkräfteeinwanderung wahrnehmbar sind, dominieren viele restriktive Vorschläge die Debatte. Diese stellen die Grundlagen unserer Gesellschaft, wie Solidarität, Schutz der Menschenwürde und Hilfe für die Schwachen in Frage. Vieles davon ist populistisch begründet, um bei den nächsten Wahlen gut abzuschneiden. Als einen deeskalierenden und lösungsorientierten Beitrag zu einem der schwierigsten politischen Themen unserer Zeit hat der Deutsche Caritasverband fünf neue Faktenblätter herausgegeben. Diese behandeln die Themen:

  • „Zur aktuellen Debatte über Asyl- und Migrations-Politik in Deutschland“
  • „Wer kommt? Und wie viele?“
  • „Deutschland muss sparen – auch an der Unterstützung von Integration?“
  • „Sozialleistungen als Pullfaktoren?“
  • „Überweisungen von Migrant_innen in ihre Heimatländer“

Die Dokumente finden Sie hier auf der Homepage des DCV.

2. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz – wesentliche Neuerungen

Die Möglichkeit eines Spurwechsels bei Asylsuchenden, die eine qualifizierte Tätigkeit in Aussicht haben, ist eine der Erleichterungen im neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz (siehe August-Ausgabe). Auch Fachkräfte mit Berufsausbildung und Personen mit berufspraktischen Kenntnissen können bald leichter nach Deutschland einwandern. Auf „Make it in Germany” finden Sie die wichtigsten Neuerungen verständlich zusammengefasst.

3. Mehrsprachige Informationen zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Die Bundesregierung informiert auf dem Portal „Make it in Germany“ mehrsprachig zum FEG. Die Informationen dazu sind jetzt auch auf Arabisch, Russisch, Persisch und Türkisch sowie auf den Länderseiten Mexiko (Spanisch) und Brasilien (Portugiesisch) verfügbar - die PDFs finden Sie auf der jeweiligen Sprachversion (rechts oben). Mehr

4. Bürgergeld steigt ab Januar 2024 – auch für Asylsuchende

Die Regelsätze für Bürgergeld und Sozialhilfe steigen ab Januar 2024 um gut 12 Prozent. Der Bundesrat stimmte am 20. Oktober 2023 einer entsprechenden Verordnung der Bundesregierung zu. Sie kann daher wie geplant zum neuen Jahr in Kraft treten. Alleinstehende Erwachsene erhalten ab Januar 2024 monatlich 563 Euro – 61 Euro mehr als bisher. Auch die Beträge für den persönlichen Schulbedarf erhöhen sich um etwa zwölf Prozent: im ersten Schulhalbjahr von 116 Euro auf 130 Euro und im zweiten Schulhalbjahr von 58 Euro auf 65 Euro. Zum Schulbedarf zählen zum Beispiel Schreibutensilien, Taschenrechner oder Bastelmaterial. Die Unterstützung beim persönlichen Schulbedarf ist Teil des sogenannten Bildungspakets für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die Bürgergeld oder Sozialhilfe erhalten oder deren Eltern den Kinderzuschlag oder Wohngeld beziehen. Parallel steigen auch die Sätze der Geldleistungen für Asylsuchende. Mehr

5. Einladung zum Asylpolitischen Forum

Zum 37. Mal veranstaltet die Evangelische Akademie Villigst zusammen mit weiteren Kooperationspartnern das Asylpolitische Forum. Die hochkarätig besetzte Veranstaltung findet traditionell am ersten Adventswochenende statt, in diesem Jahr vom 01. bis 03. Dezember 2023. Zur Frage der Zielgruppe schreiben die Veranstaltenden: „Alle an Fragen des Flüchtlingsschutzes Interessierten, alle Ehren- und Hauptamtlichen in der Begleitung von Geflüchteten und alle Akteur*innen in Zivilgesellschaft, Anwaltschaft und auf staatlicher Seite sind beim 37. Asylpolitischen Forum dazu eingeladen, gemeinsam der Frage nachzugehen: Wie verteidigen wir die Menschenrechte?“. Das detaillierte Programm auf Deutsch, Englisch und Arabisch sowie die Anmeldemöglichkeit finden Sie hier.

Für interessierte Ehrenamtliche aus dem Erzbistum Paderborn ist aus dem Flüchtlingsfonds ein Zuschuss zu den Kosten möglich. Evtl. Fragen dazu können bereits im Vorfeld mit Herrn Barjosef geklärt werden.

6. Rassistische Diskriminierung in Deutschland am höchsten!

Mehrere Medien, darunter auch tagesschau.de berichten über eine EU-Studie, die neulich in Wien vorgestellt wurde. Demnach hat die EU-Agentur für Grundrechte (FRA) für die Studie „Being Black in the EU“ in 13 EU-Ländern 6.750 Personen nach ihren rassistischen Erfahrungen in den letzten fünf Jahren befragt. Deutschland, Österreich und Finnland bilden dabei die Negativliste. Insbesondere Menschen mit afrikanischen Wurzeln gaben an, innerhalb der vergangenen fünf Jahre explizit wegen ihrer Herkunft und Hautfarbe Opfer von Rassismus geworden zu sein. Forderung der FRA „"Rassismus und Diskriminierung dürfen in unseren Gesellschaften keinen Platz haben." Mehr

7. Verlängerung des temporären Schutzstatus für Flüchtlinge aus der Ukraine bis 2025

Der temporäre Schutzstatus für Menschen, die vor dem Angriffskrieg gegen die Ukraine fliehen, wurde verlängert. Der Notfallmechanismus (2001/55/EG) des vorübergehenden Schutzes wurde am 04. März 2022 - wenige Tage nach Beginn der Invasion in die Ukraine durch die russischen Streitkräfte - aktiviert und verlängerte sich im März 2023 automatisch um ein weiteres Jahr. Am 28. September 2023 hat der Rat der EU beschlossen, den vorübergehenden Schutz vom 04. März 2024 bis zum 04. März 2025 zu verlängern. Sobald die förmliche Annahme des Ratsbeschlusses erfolgt ist, wird eine Verlängerung der bestehenden Aufenthaltstitel möglich sein. Weitere Informationen finden Sie über die Informationsseite des Europäischen Rates sowie über den Informationsverbund Asyl und Migration

8. Leistungsverweigerung für Menschen aus der Ukraine ohne ukrainische Staatsangehörigkeit ist rechtswidrig

Gerne geben wir einen Hinweis der GGUA Münster bezüglich der Leistungsverweigerung einiger Jobcenter für Drittstaatler aus der Ukraine weiter. Demnach führen die Jobcenter in ihren Ablehnungen vor allem drei vermeintliche Argumente gegen einen Leistungsanspruch an:

  • Die Betroffenen hätten keine oder keine ausreichende Arbeitserlaubnis in ihrer Fiktionsbescheinigung und deshalb seien sie gem. § 8 Abs. 2 SGB II ausländerrechtlich nicht erwerbsfähig.
  • Sie hätten keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, weil sie keine „Bleibeperspektive“ hätten und ihr Aufenthalt nur kurzfristig angelegt sei.
  • Sie hätten keinen Aufenthaltstitel, somit kein Aufenthaltsrecht und seien daher leistungsberechtigt nach AsylbLG statt SGB II.

Nun hat ganz aktuell das Landessozialgericht NRW (LSG NRW, Beschluss vom 19. Oktober, L 6 AS 873/23 B ER, www.t1p.de/guqdy) zu der Frage eine Eilentscheidung getroffen und bestätigt: Die Leistungsverweigerung wegen der drei oben genannten Argumente ist – jedenfalls aller Voraussicht nach – rechtswidrig. Es bestehe ein Anspruch auf SGB-II-Leistungen, da sowohl die ausländerrechtliche Erwerbsfähigkeit (auch mit nur eingeschränkter Arbeitserlaubnis für 120 Tage im Jahr), als auch der gewöhnliche Aufenthalt (zukunftsoffener Verbleib), als auch der rechtmäßige Aufenthalt (aufgrund der Fiktionswirkung) erfüllt seien. Hier gibt es eine aktualisierte ausführliche Arbeitshilfe zu der Thematik.

9. Zahl der Vertriebenen steigt weiter an

Lag die Zahl der Menschen, die weltweit auf der Flucht sind Ende 2022 bei 108 Millionen, so liegt diese laut UNHCR Ende September 2023 bei mittlerweile 114 Millionen. Als Hauptursachen dafür werden der Krieg in der Ukraine, Konflikte im Sudan, in der Demokratischen Republik Kongo und in Myanmar, eine Kombination aus Dürre, Überschwemmungen und Unsicherheit in Somalia sowie eine anhaltende humanitäre Krise in Afghanistan genannt. Mindestens die Hälfte dieser Menschen hat die Grenze ihres Herkunftsstaates überschritten und lebt in benachbarten Staaten. Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass allein in den letzten drei Monaten die Zahl um vier Millionen stieg. Der jüngste Konflikt im Nahen Osten und seine weltweiten Folgen fanden noch keine Berücksichtigung. Mehr

10. Praxishandbuch: Rassismus. Leitfaden für Selbstorganisationen von Migrant*innen

Das Praxishandbuch „Rassismus“ der Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen, Migranten und Flüchtlinge in Niedersachsen bietet migrantischen Vereinen und Initiativen eine Arbeitshilfe für ihr Engagement gegen Rassismus. Es beinhaltet praktische Empfehlungen für die Planung und Durchführung von Veranstaltungen sowie einen Überblick über mögliche Tätigkeitsfelder antirassistischer Arbeit. Mehr

11. Neue Studie zur Überlastung der Ausländerbehörden

Will die Bundesregierung ihre migrationspolitischen Ziele erreichen, dann benötigt sie dringend effiziente Ausländerbehörden, so das Fazit einer neuen Studie der Universitäten Duisburg-Essen und Hildesheim im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Bereits seit Jahren berichten engagierte Haupt- und Ehrenamtliche von der Unerreichbarkeit von Behörden mit teilweise schwerwiegenden Folgen für Betroffene, wie z.B. Verlust des Arbeits- oder Studienplatzes, weil der Aufenthaltstitel nicht rechtzeitig verlängert werden konnte. Die Gründe dafür sind sehr unterschiedlich: steigende Einwanderungszahlen, Zunahme von immer komplexer werdenden Aufgaben, unerfahrene Mitarbeitende, schleppende Digitalisierung, Frustration sowie das Gefühl, bei weitreichenden Ermessensentscheidungen alleingelassen zu sein. Neben der Analyse präsentieren die Autor*innen auch Lösungsansätze wie Reduktion und Zentralisierung von Aufgaben, smarte Digitalisierung, bessere Personalpolitik und Umsetzungstauglichkeit neuer Gesetze. Mehr

Gut zu wissen …

Immer wieder erreichen uns Fragen nach Rechtsprechung und Erlassen u.a. zu Dublin-Verfahren, Aufenthaltsrecht, Asylrecht, AsylbLG. Um Redundanzen zu vermeiden möchten wir an dieser Stelle auf die Entscheidungsdatenbank des Informationsverbund Asyl & Migration verweisen.

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Herausgeber: Ralf Nolte, Flüchtlingsbeauftragter

Redaktion: Hezni Barjosef, Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,