November 2024

1. Einladung zum Ehrenamtstag – Nur noch wenige Plätze verfügbar!

Unter dem Motto „Hoffnung schenken – Frieden stiften“ laden Erzbischof Dr. Bentz und der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen, Ralf Nolte, zum nächsten Ehrenamtstag ein. Die Tagesveranstaltung im Haus Maria Immaculata in Paderborn bietet neben inhaltlichen Inputs, Workshops und Kabarett auch Raum zum Austausch und zur Vernetzung.

Außerdem wird der „Pianist in den Trümmern“, Aeham Ahmad, den Tag musikalisch gestalten. Ein weiterer Schwerpunkt der Veranstaltung ist der interreligiöse Dialog. So wird das Forum der Religionen Paderborn zum Abschluss ein multireligiöses Friedensgebet vorbereiten, bei dem Erzbischof Dr. Bentz als katholischer Vertreter aktiv mitwirken wird.

Für die Teilnahme entstehen keine Kosten. Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, ist eine vorherige Anmeldung unbedingt erforderlich. Bei Fragen steht das Tagungssekretariat unter der E-Mail-Adresse zur Verfügung. Weitere Informationen und den Anmeldelink finden Sie auf der Website der Flüchtlingshilfe.

2. Arbeitshilfen zum Chancenaufenthaltsrecht

Der Deutsche Caritasverband hat uns eine Übersicht von Arbeitshilfen zum Chancenaufenthaltsrecht (§ 104c AufenthG) zur Verfügung gestellt. Anlass ist die Tatsache, dass bald der Übergang in die regulären Bleiberechtsregelungen möglich sein wird. Enthalten ist auch die dringende Empfehlung an die Beratenden:

„Bitte weisen Sie Ihre Klient*innen mit Chancenaufenthaltsrecht nach § 104c AufenthG darauf hin, dass sie rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit ihres Titels die Erteilung eines Bleiberechts nach § 25b und/oder § 25a AufenthG beantragen sollten – auch wenn noch nicht alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind bzw. nachgewiesen werden können (u. a. Pass, Sprache, Lebensunterhaltssicherung). Bei rechtzeitiger Antragstellung entsteht eine sog. ‚Fortgeltungsfiktion‘ nach § 81 Abs. 4 AufenthG.“ Mehr 

3. GEAS-Reform: Irreführender Faktencheck erschwert eine ehrliche Diskussion über die künftige Asylpolitik in der EU

Im Mai 2024 hat die Bundesregierung zusammen mit den anderen EU-Mitgliedstaaten eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) beschlossen. In der politischen Kommunikation rund um diesen Beschluss betonte die Bundesregierung, dass die Reform das Recht auf Asyl nicht einschränken würde. Unterlegt wurden diese und weitere Behauptungen mit einem „Faktencheck“ aus dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI). Interessierte erfahren in einem „Gegen-Faktencheck“, erstellt von einem Zusammenschluss von Expert*innen aus der Migrationsforschung, dass die besagte EU-Reform die größten Einschränkungen des europäischen Asylrechts seit dessen Etablierung bedeutet. Es wird befürchtet, dass die GEAS-Reform das Recht auf Asyl in der EU gänzlich gefährdet. Mehr

4. Leistungen für Neugeborene

Rechtsanwalt Volker Gerloff weist in seinem Newsletter 12-2024 auf den Leistungsanspruch für neugeborene Kinder ohne gültige Geburtsurkunde hin: „In letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass wohl die Praxis besteht, Kindern erst dann Leistungen zu gewähren, wenn sie eine Geburtsurkunde und/oder ein Aufenthaltsdokument haben. Das ist rechtswidrig! Auch Kinder sind vollwertige Menschen und haben Bedarfe, die gedeckt werden müssen! § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG sagt sehr klar, dass minderjährige Kinder AsylbLG-Berechtigten Anspruch auf AsylbLG-Leistungen haben, ohne dass sie selbst die Voraussetzungen aus § 1 Abs. 1 Nr. 1-5 AsylbLG erfüllen. Wenn solche Praktiken bekannt sind, sollte dagegen massiv mit Eilanträgen vor den Sozialgerichten vorgegangen werden“.

5. Bezahlkarte für Geflüchtete kommt ab Anfang 2025 – nicht unproblematisch

Der Bund und die meisten Länder, darunter auch NRW, haben sich Anfang 2024 auf die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete verständigt. Diese sieht vor, dass Geflüchtete über wenig Bargeld verfügen und unter anderem Überweisungen ins Ausland erschwert werden sollen. Soweit die offizielle Perspektive. Flüchtlingsinitiativen und die Freie Wohlfahrt dagegen sehen darin die Gefahr einer Diskriminierung und Bevormundung. Nach Auffassung von PRO ASYL z.B. verursacht die Bezahlkarte für Geflüchtete Umsetzungsprobleme, hat massive negative Folgen für Betroffene und bedeutet absurde Mehrarbeit für die Verwaltungen. Auch gibt es erste Gerichtsentscheidungen, die diese Praxis als rechtswidrig einstufen. Beim Oberlandesgericht Karlsruhe ist eine Klage anhängig, deren Ergebnis mit Spannung erwartet wird.

Fakt ist jedoch, dass die Landesregierung NRW fest entschlossen ist, die Bezahlkarte Anfang 2025 landesweit einzuführen. Dafür hat sie den Entwurf einer entsprechenden Verordnung vorgelegt. Demnach soll die Bezahlkarte Anfang Januar in einigen Pilotunterkünften des Landes, ab 14. Januar pro Regierungsbezirk in einer Unterbringungseinrichtung und ab dem 01.03.25 in allen Einrichtungen des Landes zum Einsatz kommen. Anschließend ist die sukzessive Einführung im Laufe des Jahres in allen Kommunen vorgesehen, wobei Kommunen sich gegen die Einführung der Karte entscheiden können, z.B. weil sie bereits eigene Bezahlkarten haben und diese beibehalten wollen. Diese Klausel stößt allerdings beim Städte- und Gemeindebund NRW auf Unverständnis; ihnen wäre die verpflichtende Teilnahme aller Kommunen lieber.

Mit der Bezahlkarte sollen Einkäufe bundesweit, ohne regionale Einschränkungen, möglich sein. Pro Person und Monat sollen bis zu 50 € in Bar abgehoben werden können – in begründeten Einzelfällen können höhere Beträge zugelassen werden. Sicherlich wird die Bezahlkarte an einigen Stellen Verbesserungen mit sich bringen. Allerdings bleibt es zumindest fragwürdig, ob sie als Instrument der Migrationssteuerung geeignet ist. Einige kritische Anmerkungen der GGUA finden Interessierte hier.

6. Grenzüberschreitende Netzwerke und Integration: Eine Studie zu Afghan*innen in Deutschland

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Transnationale Netzwerke und zivilgesellschaftliche Aktivitäten im Kontext von Fluchtmigration: Die afghanischen und syrischen Communities in Deutschland“ hat der wissenschaftliche Stab des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) eine Online-Befragung durchgeführt, die sich an afghanische Zuwanderinnen und Zuwanderer richtete. Die Befragten, die mehrheitlich in den letzten zehn Jahren und insbesondere nach 2021 zugewandert sind, gaben u. a. Auskunft über ihre grenzüberschreitenden familiären Netzwerke, ihr Zugehörigkeitsgefühl, ihr Leben in Deutschland und aktuelle Herausforderungen. Die Daten ermöglichen auch einen Vergleich zwischen afghanischen Zugewanderten, die vor 2021 nach Deutschland gekommen sind, und denjenigen, die nach 2021 zugezogen sind. Die Studie trägt dazu bei, Ankommensprozesse und transnationale Dynamiken im Kontext der Fluchtmigration besser zu verstehen und gibt so Aufschluss über die Lebenssituation einer wichtigen Zuwanderergruppe in Deutschland. Mehr

7. Frauen aus Afghanistan – Empfehlungen und politische Forderungen nach dem Urteil des EuGH

Die Landesbeauftragte für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen von Schleswig-Holstein hat eine Handreichung herausgegeben, die auf das Urteil des EuGH vom 04.10.2024 eingeht und wertvolle Hinweise für den Beratungsalltag enthält. In der Handreichung wird Frauen und Mädchen, die bereits über einen niedrigeren Schutzstatus verfügen, geraten, einen Asylfolgeantrag zu stellen: „Für alle in Deutschland lebende Frauen und Mädchen mit nationalem Abschiebungsverbot (Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 3 AufenthG) oder subsidiärem Schutz (Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative AufenthG) empfiehlt es sich einen Asylfolgeantrag nach § 71 AsylG zu stellen. Sie würden nach erfolgreichem Folgeverfahren eine Flüchtlingseigenschaft und eine Aufenthaltserlaubnis erhalten (§ 25 Absatz 2 Satz 1 erste Alternative AufenthG). Ein Folgeantrag mit Verweis auf dieses Urteil ist nicht möglich, wenn in einem anderen EU-Staat ein Schutzstatus erteilt wurde und diesbezüglich eine Duldung oder ein Abschiebungsverbot besteht.“ Mehr 

8. DBK fordert Zukunftsperspektiven für ukrainische Geflüchtete

In einer gemeinsamen Erklärung haben der Vorsitzende der DBK-Migrationskommission, Erzbischof Dr. Stefan Heße, und Bischof Dr. Bohdan Dzyurakh, Apostolischer Exarch für die Ukrainer des byzantinischen Ritus in Deutschland, eine gemeinsame Erklärung zur Arbeitsmarktintegration ukrainischer Geflüchteter abgegeben.

Sie erklären, dass die Kirche in Deutschland von Beginn an solidarisch an der Seite des ukrainischen Volkes stand. Bischöfe aus ganz Deutschland besuchten die Ukraine, um ihre Unterstützung zu zeigen und sich für Nothilfe einzusetzen. In Deutschland leben derzeit 1,2 Millionen ukrainische Geflüchtete, hauptsächlich Frauen und Kinder. Der Krieg hat viele dazu veranlasst, längerfristig in Deutschland zu bleiben, um sich zu integrieren und ein normales Leben zu führen. Dazu gehört der Erwerb von Sprachkenntnissen, der Besuch von Schulen und Kitas sowie die Suche nach Arbeit und regulären Wohnungen.

Die Arbeitsmarktintegration der Geflüchteten ist ein zentrales Thema. Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, dass die Beschäftigungsquote ukrainischer Geflüchteter in Deutschland Ende 2023 bei 27 Prozent lag, was im europäischen Vergleich im Mittelfeld liegt. Die Integration in den Arbeitsmarkt wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst, etwa bestehende Netzwerke, Sprachbarrieren und politische Rahmenbedingungen. In Polen etwa sind die Quoten höher, was teils auf bereits vorhandene Strukturen zurückzuführen ist. Insoweit ist der europäische Vergleich nur bedingt aussagekräftig.

Trotz Vorurteilen, die in der Debatte über die Arbeitsmarktintegration vorkommen, zeigen Studien, dass viele Ukrainer*innen hochmotiviert sind, zu arbeiten. Über 200.000 haben bereits eine Arbeitsstelle, und viele andere befinden sich in Integrations- oder Berufsausbildungsprogrammen. Doch die Hürden bleiben hoch: Anerkennung von Qualifikationen, Sprachbarrieren und Kinderbetreuung erschweren die Integration. Besonders für Mütter mit Kindern sind passende Betreuungsangebote von großer Bedeutung. Die Kirche setzt sich weiter für eine gelingende Integration ein und fordert, die Menschen hinter den Zahlen nicht aus den Augen zu verlieren. Insbesondere kirchliche Bildungseinrichtungen und Arbeitgeber mögen ihrer Verantwortung nachkommen, indem sie zusätzliche Kinderbetreuung ermöglichen, berufliche Perspektiven anbieten und die Arbeitsmarktintegration erleichtern. Die ausführliche Stellungnahme auf Deutsch und Ukrainisch finden Sie hier.

9. Ukraine-Aufenthaltserlaubnisse bis März 2026 verlängert

Menschen aus der Ukraine dürfen ein weiteres Jahr aufatmen. Die Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung wird um ein weiteres Jahr bis zum 4. März 2026 verlängert. Gleiches gilt auch für die Ukraine-Aufenthaltserlaubnis-Fortgeltungsverordnung. Nutznießer beider Verordnungen sind ukrainische Staatsangehörige und in bestimmten Fällen Staatenlose sowie weitere nichtukrainische Drittstaatsangehörige. Sie können bis zum 4. Dezember 2025 ohne Aufenthaltstitel in das Bundesgebiet einreisen und sich für 90 Tage hier aufhalten. Andere, die bereits über eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 24 Abs. 1 AufenthG für vorübergehend Schutzberechtigte aus der Ukraine verfügen, müssen nicht bei der zuständigen Ausländerbehörde vorsprechen, um ihre Aufenthaltserlaubnisse verlängern zu lassen. Sie gelten automatisch bis zum 4. März 2026 fort. Mehr dazu in einer Fachinfo des Paritätischen Gesamtverbands.

10. Nachteilige Anmerkung „Personalien beruhen auf eigenen Angaben“

Die Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik (ZAR) enthält in der Ausgabe 7/2024 den Hinweis auf eine interessante Entscheidung des VG Aachen bezüglich einer nicht selten vorkommenden Anmerkung in Aufenthaltsdokumenten: „Personalien beruhen auf eigenen Angaben“. Spätestens nach Vorlage eines Reisepasses hat die zuständige Ausländerbehörde diesen Hinweis zu unterlassen. „Der Zusatz führt zu Rechtsnachteilen, weshalb ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage auf dessen Beseitigung besteht“, so der Hinweis auf den Beschluss vom 27.06.2024 (Az.: 8 K 1159/24).

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Gut zu wissen ...

Immer wieder erreichen uns Fragen nach Rechtsprechung und Erlassen u.a. zu Dublin-Verfahren, Aufenthaltsrecht, Asylrecht, AsylbLG. Um Redundanzen zu vermeiden möchten wir an dieser Stelle auf die Entscheidungsdatenbank des Informationsverbundes Asyl & Migration verweisen. Interessierte können außerdem den Newsletter des Informationsverbundes abonnieren. An dessen Ende steht immer eine Übersicht zur aktuellen Rechtsprechung.

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Herausgeber: Ralf Nolte, Flüchtlingsbeauftragter

Redaktion: Hezni Barjosef, Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,