Mai 2024

1. Ehrenamtstag muss aus organisatorischen Gründen verschoben werden

In der letzten Ausgabe haben wir Sie im Auftrag des Erzbischofs zum Ehrenamtstag der Flüchtlingshilfe am Samstag, den 16.11.2024 eingeladen. Aufgrund der Termindichte muss dieser nun leider auf einen Samstag im Februar nächsten Jahres verschoben werden. Wir werden Sie an dieser Stelle informieren, sobald Näheres feststeht und bitten um Verständnis.

2. Das Engagement des Erzbistums in der Flüchtlingshilfe bleibt weiterhin auf hohem Niveau

Zum achten Mal fand der Katholische Flüchtlingsgipfel am 30.04.2024 in Köln statt. Eingeladen hatte der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Stefan Heße (Hamburg). Rund 200 Fachleute der kirchlichen Flüchtlingsarbeit berieten über den Flüchtlingsschutz in der Europäischen Union (EU). Ein besonderer Fokus lag dabei auf dem Beitrag der Kirche für eine menschenwürdige Aufnahme und Versorgung von Geflüchteten. Mehr

Traditionell wurde auch die Statistik der kirchlichen Flüchtlingshilfe in Deutschland für das Jahr 2023 vorgestellt: Die 27 (Erz)Bistümer und ihre Hilfswerke haben über 88 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Profitiert haben mindestens 525.000 Schutzsuchende sowie deren haupt- (5.755 Personen) und ehrenamtliche (36.600) Hilfestrukturen. Die Ausgaben aus Kirchensteuermitteln im Erzbistum Paderborn betrugen 1.527.000 €. 1.050 Ehrenamtliche und 172 Hauptamtliche kümmerten sich um das Wohlergehen von mindestens 13.100 Schutzsuchenden.

3. Gemeinsames Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche

In diesem Jahr findet vom 22. bis 29. September die 49. Interkulturelle Woche statt. Sie ist eine Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie. Der bundesweite Auftakt wird am 21. September 2024 in Saarbrücken begangen. Die Interkulturelle Woche steht wie im vergangenen Jahr unter dem Leitthema „Neue Räume“. Zu ihr laden der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, die amtierende Vorsitzende des Rates der EKD, Bischöfin Kirsten Fehrs, und der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Augoustinos, in einem Gemeinsamen Wort ein, das Sie hier finden.

4. EU-Asylreform hat die letzte Hürde genommen

Fast acht Jahre lang haben sich die EU-Staaten über eine gemeinsame Flüchtlingspolitik gestritten. Am 10.04.2024 hat das EU-Parlament die sogenannte GEAS-Reform beschlossen. Damit die beschlossenen Maßnahmen in ca. zwei Jahren vollumfänglich greifen können, musste der Ministerrat die Reformpläne annehmen. Dieser Schritt ist nunmehr am 14. Mai erfolgt. Die Meinungen darüber hätten unterschiedlicher nicht sein können. Diese reichen von einer „historischen Einigung“ bis hin zur „Legalisierung von Menschenrechtsverletzungen an den Außengrenzen“. Tatsache ist, dass neben der erwarteten Entlastung der Staaten an den EU-Außengrenzen harte Zeiten auf alle Betroffenen zukommen werden. So werden verpflichtende Grenzverfahren unter haftähnlichen Bedingungen und schnellere Abschiebungen aus Grenzlagern genauso zum Alltag gehören wie abgesenkte Standards bezüglich sogenannter „sichere Drittstaaten“. Als solche sollen Staaten gelten, deren EU-weite Anerkennungsquote unter 20% liegt. Mitgliedsländer, die sich am verpflichtenden Verteilmechanismus nicht beteiligen wollen, können sich durch die Zahlung einer Geldsumme pro abgelehnten Geflüchteten freikaufen. Sehr umstritten ist die Tatsache, dass Familien mit Kindern ein Leben in Auffanglagern nicht erspart bleibt. Darum hatte sich Deutschland bei den Verhandlungen Ende letzten Jahres bemüht – leider erfolglos. Ob der erhoffte Effekt, durch die Reform bei der nächsten Europawahl im Juni den Rechtspopulisten etwas entgegensetzen zu können, eintritt, ist zumindest fragwürdig. Eine entsprechende Erklärung der Caritas Europa finden Sie hier.

5. So viele Binnenflüchtlinge wie noch nie

Seit 2014 hat sich die Zahl der Binnenflüchtlinge von 37,9 Millionen auf 75,9 Millionen Ende 2023 verdoppelt. Das ist das traurige Ergebnis der jüngsten Erhebung des IDMC, eines vom Norwegischen Flüchtlingsrat gegründeten Beobachtungszentrum für interne Vertreibung mit Sitz in Genf. Menschen gelten als Binnenvertriebene, wenn sie innerhalb der Grenzen des eigenen Landes Zuflucht fanden. Als Hauptursachen dafür werden genannt: Konflikte, Gewalt und andere Katastrophen wie Überschwemmungen, Stürme, Erdbeben und Brände. Im Allgemeinen sind deutlich mehr Menschen (grenzüberschreitend) auf der Flucht. Es wird befürchtet, dass die traurige Rekordzahl von 130 Millionen Flüchtlingen weltweit überschritten werden könnte, wenn das UNHCR am 20. Juni, dem Weltflüchtlingstag, die aktuelle Statistik veröffentlicht. Vor einem Jahr waren es 114 Millionen. Mehr

6. Ukraine AufenthÜV ein weiteres Jahr verlängert

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 17.05.2024 die Zustimmung zur fünften Verordnung der Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung (Ukraine-AufenthÜV) erteilt. Die Verordnung regelt die vorübergehende Befreiung vom Erfordernis, bei der Einreise im Besitz eines Aufenthaltstitels zu sein. Die Geltungsdauer der Ukraine-AufenthÜV wird bereits zum 5. Mal verlängert - bis zum 31. März 2025. Nicht mehr vom Anwendungsbereich der Verordnung umfasst sind Drittstaatsangehörige, denen nach Artikel 2 Absatz 3 des Durchführungsbeschlusses nach Ermessen der Mitgliedstaaten Schutz gewährt werden kann. Damit soll die Verordnung künftig nur denjenigen Personen Einreise und Aufenthalt erleichtern, denen europarechtlich zwingend vorübergehender oder anderweitiger nationaler Schutz zu gewähren ist.

7. Verhinderte Fachkräfte

Eine im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung herausgegebene Informationsschrift macht anhand dreier konkreter Beispiele deutlich, wie soziale Ausschlussmechanismen die Arbeitsmarktintegration von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten systematisch verhindern. In der Diskussion zur Fachkräftesicherung werden die Potenziale hoch qualifizierter Arbeitskräfte aus Drittstaaten, die bereits in Deutschland leben, kaum wahrgenommen. Oft landen sie aufgrund rechtlicher, behördlicher und gesellschaftlicher Mehrfachdiskriminierung in prekären Arbeitsverhältnissen. Eine Sichtbarmachung der strukturellen Hürden ist Voraussetzung für ihren Abbau. Dieser ist notwendig, damit individuelle Potenziale der Betroffenen verwirklicht und gesellschaftliche Fachkräftebedarfe verbessert abgedeckt werden können. Mehr

8. SVR-Jahresgutachten bescheinigt der EU Handlungsfähigkeit

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) hat sein Jahresgutachten „Kontinuität oder Paradigmenwechsel? Die Integrations- und Migrationspolitik der letzten Jahre“ vorgestellt. Darin werden die migrations- und integrationspolitischen Maßnahmen der letzten fünf Jahre vorgestellt und deutlich gemacht, wo es weiteren Handlungsbedarf gibt. Einige der flüchtlingspolitischen Aspekte sind:

  • Am Beispiel des Umgangs mit Geflüchteten aus der Ukraine und der Reform des EU-Asylrechts wird der EU Handlungsfähigkeit bescheinigt;
  • das neueingeführte Chancen-Aufenthaltsrecht wird aus integrationspolitischer Sicht als sinnvoll erachtet, gleichzeitig werden ordnungspolitische Fragen thematisiert, da die Grenzen zwischen Asyl- und Erwerbsmigration weiter verwischt werden;
  • die deutsche Asylpolitik der letzten Jahre wird als Balanceakt zwischen Programmen für Integrationsförderung und Maßnahmen zur Erleichterung von Rückführung angesehen, wobei eine Bevorzugung für selbstständige geförderte Ausreise angemahnt wird;
  • schließlich wird die Entfristung der Wohnsitzauflage als integrationshemmend angesehen und die Empfehlung ausgesprochen, dass die Flüchtlinge stattdessen so auf die Kommunen verteilt werden, dass ihre Bedürfnisse und Kompetenzen zu den Lebensbedingungen und Arbeitsperspektiven vor Ort passen. Mehr

9. Mitte-Studie: Ambivalente Willkommenskulturen in Deutschland

Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat nach 2016 und 2019 eine weitere Mitte-Studie veröffentlicht, die Bezug nimmt auf die Haltung gegenüber Geflüchteten. Während die ersten beiden Studien eine teilweise euphorische Stimmung – mit abnehmender Tendenz – attestierten, kommt die jüngste zu einem anderen (besorgniserregenden) Ergebnis. Die Rede ist von „Rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in Deutschland 2022/23“, wie der Untertitel der Studie zusammenfassend deutlich macht. Insoweit keine große Überraschung, dass die Studie an sich die aktuelle gesellschaftliche und mediale Stimmung gegenüber Geflüchteten aus bestimmten Ländern und Regionen widergibt, dennoch sollte sie als deutliches Signal gelten und alle demokratischen Kräfte wachrütteln, um gegenzusteuern. Mehr

10. Deutschintensivkurs für studieninteressierte Personen

Die Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK), Hildesheim, weist auf einen interessanten Online-Sprachkurs auf dem Niveau B2 für Menschen, die in Deutschland ein Studium aufnehmen möchten, hin. Davon können Personen mit Fluchthintergrund in besonderem Maße profitieren; für sie besteht die Möglichkeit einer kostenlosen Teilnahme durch die Gewährung eines Stipendiums. Der Intensivkurs findet digital statt und umfasst 20 Wochenstunden. Er beginnt Ende Oktober 2024 und dauert bis Ende Mai 2025 an. Bewerbungsfrist: 30.08.2024. Alle weiteren Informationen finden Sie hier

11. Der Weg zur Einbürgerung wird leichter

Für die meisten Geflüchteten ist es ein langer Weg bis zur Einbürgerung. Dennoch gibt es Voraussetzungen, die bereits während eines Asylverfahrens beeinflussbar sind. Vor allem anerkannte Flüchtlinge sollten die neuen Regeln kennen, die ab dem 27.06.2024 gelten. Dann ist eine Einbürgerung im Normalfall schon nach fünf Jahren erlaubtem Aufenthalt möglich (in bestimmten Fällen sogar nach drei Jahren). Und bisherige Staatsangehörigkeiten müssen nicht mehr aufgegeben werden. Allerdings sind die Regeln zur Sicherung des Lebensunterhalts verschärft worden, weil die Regelausnahme ("nicht zu vertreten") gestrichen worden ist. Begünstigt werden jetzt ehemalige Gastarbeiter*innen und Vertragsarbeiter*innen: Sie müssen nicht unbedingt ein bestimmtes Sprachzertifikat haben, sie dürfen auch Transferleistungen (im Allgemeinen Grundsicherung) beziehen. Auch der Verlust der Staatsangehörigkeit wird neu geregelt. Einige alte Probleme bleiben leider bestehen wie z.B. der passende Aufenthaltstitel. So führen Aufenthaltserlaubnisse gemäß §§ 22, 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und 104 c nicht zu einer Einbürgerung. Es ist ratsam, sich rechtzeitig in einer Beratungsstelle vor Ort beraten zu lassen, um individuelle Lösungen zu erarbeiten.

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Gut zu wissen ...

Immer wieder erreichen uns Fragen nach Rechtsprechung und Erlassen u.a. zu Dublin-Verfahren, Aufenthaltsrecht, Asylrecht, AsylbLG. Um Redundanzen zu vermeiden möchten wir an dieser Stelle auf die Entscheidungsdatenbank des Informationsverbundes Asyl & Migration verweisen. Interessierte können außerdem den Newsletter des Informationsverbundes abonnieren. An dessen Ende steht immer eine Übersicht zur aktuellen Rechtsprechung.

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Herausgeber: Ralf Nolte, Flüchtlingsbeauftragter

Redaktion: Hezni Barjosef, Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,