März 2023

1. Flüchtlingsfonds: aktualisierte Vergaberichtlinien verabschiedet

Seit seiner Gründung im September 2014 wurden über 2.300 Anträge an den Flüchtlingsfonds des Erzbistums gerichtet und in den allermeisten Fällen positiv beschieden. Das Gesamtvolumen beläuft sich auf mittlerweile 8,7 Millionen Euro. Prälat Dornseifer, als Ständiger Vertreter des Diözesanadministrators, hat am 14.03.2023 eine Überarbeitung der Richtlinien in Kraft gesetzt. Die Änderungen bestehen überwiegend aus Konkretisierungen bezüglich der Förderung von Sprachkursen, Fahrerlaubnissen und digitalen Endgeräten. Die neuen Richtlinien und das Antragsformular finden Sie hier.

2. Freispruch für Äbtissin nach Gewährung von Kirchenasyl

Vor allem in Bayern standen in den letzten Jahren Kirchenvertreter*innen vor Gericht, weil sie durch die Gewährung von Kirchenasyl Geflüchtete vor einer Abschiebung bewahrt haben. Die meisten Gerichtsverfahren wurden eingestellt, so auch jüngst das Verfahren gegen die Äbtissin Mechthild Thürmer aus Kirchschletten, die seit Sommer 2020 vor Gericht stand. Nun hat das Amtsgericht Bamberg das Verfahren wegen Geringfügigkeit nach §153 StPO eingestellt. Die Einstellung geht auf eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts aus Februar 2022 zurück. Dort ging es um den Freispruch für Bruder Abraham aus der Benediktinerabtei Münsterschwarzach. Auch ihm war Beihilfe zum illegalen Aufenthalt durch die Gewährung von Kirchenasyl vorgeworfen worden. Das Oberlandesgericht hatte noch einmal festgestellt, dass das Gewähren von Kirchenasyl keine Straftat darstellt.

3. Das Auslesen von Handydaten im Asylverfahren ist rechtswidrig

Seit 2017 kann das BAMF die Smartphones von Geflüchteten auslesen, um Anhaltspunkte über Herkunft und Identität der Person zu sammeln, wenn die Geflüchteten keinen Pass vorgelegt haben. Zur Durchführung müssen die Asylsuchenden ihr Mobiltelefon übergeben und den BAMF-Mitarbeitenden den Sperrcode mitteilen. Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr diese Praxis (in Teilen) für rechtswidrig erklärt. Mit Urteil vom 16.02.2023 hat es entschieden, dass das Auslesen der Handydaten nur dann zulässig ist, wenn es keine „milderen Mittel“ zur Identitätsfeststellung gibt (Pressemitteilung; hier weitere Information der Gesellschaft für Freiheitsrechte ). Das Gericht erkennt damit an, dass das Smartphone zahlreiche, oft höchstpersönliche Daten enthält und die Auslesung einen deutlichen Eingriff in die Privatsphäre darstellt.

In dem konkreten Fall klagte eine afghanische Frau, die bei Asylantragsstellung zwar keinen Pass, jedoch eine Tazkira und eine Heiratsurkunde vorlegen konnte. Das BAMF führte eine Handy-Datenauslesung durch. Das BVerwG urteilte nun, dass das BAMF zunächst mildere Mittel hätte nutzen müssen. Dazu zählt z.B. die Prüfung der vorgelegten Tazkira und Heiratsurkunde, Registerabgleiche oder eine Nachfrage beim Sprachmittler zu sprachlichen Auffälligkeiten.

4. Das Sterben im Mittelmeer nimmt kein Ende

Während die EU-Staaten darüber beraten, wie sie die Außengrenzen dichter abschotten können, ertrinken erneut Menschen im Mittelmeer und jeder schiebt die Verantwortung auf den nächsten. Immer wieder werfen NGOs, die seit 2015 Menschenleben auf dem Mittelmeer retten der EU-Grenzschutzagentur Frontex vor, an illegalen Pushbacks beteiligt zu sein. TV-Recherchen in den vergangenen Monaten haben personelle Konsequenzen an der Spitze der Agentur gefordert. Seit Anfang März ist der Niederländer Hans Leijtens Direktor der europäischen Grenzschutzagentur. Dieser hat bei seinem Amtsantritt deutliche Besserung und eine andere Zusammenarbeit mit den Seenotrettungsorganisationen versprochen. In einem gemeinsamen Brief an den neuen Direktor möchten die NGOs wissen, wie er diese Zusammenarbeit mit Leben zu füllen beabsichtige. Neben der Feststellung, dass seit Jahren die Seenotrettung diffamiert und diskriminiert wird, beklagen sie sich darüber „dass zivile Rettungsschiffe über längere Zeiträume aus dem Rettungsgebiet ferngehalten werden und dort weniger Menschen aus Seenot retten können“, so die NGOs in ihrem offenen Brief an den neuen Direktor.

5. SVR-Faktenpapier: Ungleiche Bildungschancen

Bildung ist ein Schlüssel zu gesellschaftlicher Teilhabe. Allerdings sind die Bildungschancen in Deutschland nach wie vor ungleich verteilt; das gilt insbesondere für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. In einem Faktenpapier hat der Sachverständigenrat für Integration und Migration die zentralen Befunde zur Bildungsbenachteiligung von jungen Menschen mit Migrationshintergrund zusammengestellt. Mehr

6. Wo kann ich verlässliche Informationen zu Flucht und Migration recherchieren?

Für die Recherche zu Entwicklungen im Bereich Flucht und Migration stehen unterschiedliche Portale zur Verfügung. Neben der Webseite des BAMF und dem Mediendienst Integration und Migration möchten wir heute auf einen Newsletter des MKJFGFI hinweisen. Darin fasst das Ministerium monatlich verschiedene amtliche Statistiken zusammen. Themen sind: Asylanträge und –entscheidungen, TOP 10 Herkunftsländer in NRW, Zugänge in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen, Kapazitäten in den Landeseinrichtungen, Auslastung der Landeseinrichtungen, Aufnahmeverfahren Ukraine sowie eine kleine Übersicht hilfreicher Links.

7. Asylanerkennung 2022: Schutzquote bleibt auf sehr hohem Niveau

Während Ende 2021 164.924 Asylsuchende in Deutschland registriert wurden, waren es ein Jahr später 252.422 Personen. Das entspricht einer Erhöhung von 53,1%. Über die Hälfte davon stammten aus Syrien, Afghanistan und der Türkei, wobei die Türkei den größten prozentualen Zuwachs verzeichnet. Auch die Russische Föderation ist wieder unter den Top 10. Besonders auffallend: Nach der sogenannten bereinigten Schutzquote erhielten knapp Dreiviertel aller Antragstellenden (72,3%) einen Schutzstatus. Experten zufolge war dieser Gesamtwert noch nie so hoch. Abgelehnte Schutzsuchende sind trotzdem gut beraten, wenn sie den ablehnenden BAMF-Bescheid überprüfen lassen: Die Gerichte haben in 37% der ihnen vorgelegten Verfahren die Entscheidung des BAMF korrigiert. Über 40.000 Personen haben in 2022 ihren Schutzstatus entweder einem Gericht oder einer eigenständigen Korrektur des BAMF zu verdanken. Mehr in der Asylstatistik des Bundesamtes.

8. Studien zur Situation ukrainischer Geflüchteter

Mehrere Forschungsinstitute haben in einer gemeinsamen Studie erste repräsentative Erkenntnisse zur Lebenssituation und Zukunftspläne ukrainischer Geflüchteter vorgestellt. Dafür wurden zwischen August und Oktober des vergangenen Jahres 11.763 Personen befragt. Die privilegierte Behandlung von Menschen aus der Ukraine wird auch anhand wissenschaftlicher Zahlen deutlich: 74 % der Geflüchteten lebten zum Befragungszeitpunkt in privaten Wohnungen und Häusern, rund ein Drittel von ihnen sehen ihre Zukunft in Deutschland, 77% der Frauen sind ohne ihre Partner eingereist, während 71% der Männer zusammen mit ihren Partnerinnen nach Deutschland gekommen sind. In bereits weniger als einem Jahr üben 71% der erwerbstätigen Geflüchteten aus der Ukraine eine Tätigkeit aus, die einen Berufs- oder Hochschulabschluss voraussetzt. Mehr

Im selben Zeitraum (August – September 2022) wurde auch in Deutschland, Spanien, Bulgarien, Tschechien, Estland, Ungarn, Italien, Polen, Rumänien und in der Slowakei eine Studie durchgeführt. Die Ergebnisse ähneln sich sehr. Beide Studien wollen belegt haben, dass Geflüchtete aus der Ukraine unterhalb ihres Qualifikationsniveaus beschäftigt würden. Doch diese Angaben sind mit Vorsicht zu genießen. Dies kann auch darauf zurückzuführen sein, dass in der Ukraine Vieles an Hochschulen vermittelt wird, was in Deutschland als Berufsausbildung im dualen System organisiert ist. In der Statistik kann das dann als „Abstieg“ dargestellt werden.

9. Einladung zum siebten Katholischen Flüchtlingsgipfel

Am Donnerstag, 15.06.2023, von 12.00 – 17.00 Uhr findet der siebte Katholische Flüchtlingsgipfel in der Katholischen Akademie in Berlin statt. Ein wichtiger Aspekt der kirchlichen Flüchtlingsarbeit ist die Unterstützung von besonders schutzbedürftigen Personen. Der diesjährige Flüchtlingsgipfel widmet sich daher dem Thema „vulnerable Schutzsuchende“. Es geht um die Herausforderungen, mit denen diese konfrontiert sind, aber auch um konkrete Handlungsansätze. Eingeladen sind Ehren- und Hauptamtliche, die sich in der kirchlichen Flüchtlingshilfe engagieren. Informationen und Anmeldung über das Sekretariat der DBK, Frau Michaela Mokry, , Tel.: + 49 228 / 103-498.

10. Bildungsstipendien zum Erwerb eines Schulabschlusses

Gerne weisen wir Frauen und Mädchen mit Flucht- und Migrationserfahrung auf das SABA-Bildungsstipendium für das Schuljahr 2023/24 hin. SABA begleitet Menschen ab 18 bis ca. 35 Jahren mit Migrations- und Fluchterfahrung auf ihrem Weg zu einem qualifizierten Schulabschluss. Als Präsenzstipendium ist es im Rhein-Main-Gebiet angesiedelt, als Digitalstipendium steht es Frauen aus ganz Deutschland offen.

Was das Stipendium bietet: Übernahme von Schulgebühren, Fahrtkosten und Materialkosten; Finanzielle Unterstützung in der Kinderbetreuung; Persönliche Beratung, Berufs- und Lebensplanung; Regelmäßige Gruppenveranstaltungen und Weiterbildungsmöglichkeiten; Vernetzung und Empowerment. Voraussetzungen für eine Bewerbung: Sie haben eine hohe Motivation, den Haupt- oder Realschulabschluss oder das Abitur nachzuholen; Sie haben Migrations- bzw. Fluchterfahrung; Sie sind zwischen 18 und 35 Jahre alt; Sie verfügen über ausreichende Deutschkenntnisse (min. B1).

Bewerbungen können bis Ende Mai eingereicht werden. Weitere Infos und die zuständige Ansprechperson finden Sie hier.

11. Zeitung für Engagierte im Erzbistum Paderborn abonnieren

wirzeit lautet der Name der Zeitung für alle Engagierten im Erzbistum Paderborn. Sie ist im Juni 2022 zum ersten Mal erschienen, jetzt wurde gerade die dritte Ausgabe veröffentlicht (März 2023). Die wirzeit richtet sich sowohl an Hauptberufliche als auch an Ehrenamtliche und möchte allen Engagierten im Erzbistum einen guten, direkten Zugang zu Informationen, Wissen und Unterstützungsangeboten geben. Auch die Flüchtlingshilfe ist immer wieder Thema, etwa in der neuen Ausgabe, in der über den aktuellen Stand des Engagements für Geflüchtete berichtet wird. Wer die kostenlose Zeitung künftig erhalten möchte, kann einfach eine kurze Mail an schreiben und dabei seine Adresse angeben. Wer die wirzeit lieber digital lesen möchte, kann sie auch als e-Paper abonnieren. Mehr Informationen gibt es unter https://wir-erzbistum-paderborn.de/wirzeit . Dort stehen auch alle bisherigen Ausgaben zum Download zur Verfügung.

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Herausgeber: Ralf Nolte, Flüchtlingsbeauftragter

Redaktion: Hezni Barjosef, Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,