Juli 2024
1. Einladung zum Ehrenamtstag
Erzbischof Dr. Bentz und der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen, Ralf Nolte, laden zum nächsten Ehrenamtstag am 15.02.2025 ins Haus Maria Immaculata ein (Achtung: der ursprünglich am 16.11.2024 geplante Ehrenamtstag musste aus organisatorischen Gründen verschoben werden). Neben inhaltlichen Inputs, Workshops und Kabarett wird der „Pianist in den Trümmern“, Aeham Ahmad, den Tag musikalisch gestalten. Außerdem haben Sie Zeit und Raum zum Austausch und zur Vernetzung. Für die Teilnahme entstehen keine Kosten. Da die Teilnehmendenzahl begrenzt ist, ist eine vorherige Anmeldung unbedingt erforderlich. Anmeldungen nimmt das Tagungssekretariat unter entgegen. Nach den Sommerferien stellen wir weitere Informationen auf der Homepage der Flüchtlingshilfe zur Verfügung.
2. Neue Rechtsprechung für Menschen aus Syrien
Am 16.07.2024 hat das Oberverwaltungsgericht NRW geurteilt, dass ein straffälliger Geflüchteter aus Syrien keinen subsidiären Schutz erhalten soll (14 A 2847/19.A). Demnach besteht für Zivilpersonen in Syrien keine ernsthafte, individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Bürgerkrieg) mehr. Das Urteil hat zwar keine bindende Wirkung für andere Gerichte, dennoch könnte daraus die Schlussfolgerung gezogen werden, Syrien sei ein sicheres Land und immer mehr Gerichte können sich daran orientieren. Die genauen Konsequenzen für die vielen subsidiär Anerkannten aus Syrien, bleiben also zunächst abzuwarten. In einer Recherche des Mediendienst Integration wird darauf hingewiesen, dass die meisten Menschen aus Syrien subsidiären Schutz wegen der „Gefahr der Folter oder unmenschlichen Behandlung“ erhalten, während im aktuellen Fall für das OVG die Variante des „innerstaatlichen bewaffneten Konflikts“ ausschlaggebend war. Mehr
3. Gerichtsurteile zur Einführung der Bezahlkarte
In den vergangenen Tagen sind mehrere gerichtliche Entscheidungen zur Bezahlkarte für Geflüchtete ergangen. Sowohl das SG Hamburg als auch das SG Nürnberg haben angeordnet, dass die Mittel für die Kläger*innen in voller Höhe auf deren Konto überwiesen werden müssen bzw. der Barbetrag der Bezahlkarte erhöht werden muss.
Über die beiden Einzelfälle hinaus ist interessant, dass aus Sicht der Gerichte die Ausgabe einer Bezahlkarte mit limitierter Bargeldverfügung ohne Ermessensausübung und ohne Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls rechtswidrig ist. Dies widerspricht der politischen Festlegung eines bestimmten Bargeldbetrags durch die Ministerpräsident*innen. Wenn sich diese Rechtsauffassung durchsetzt, dürfte dies einen erheblichen Mehraufwand für die Sozialbehörden bedeuten.
Als Reaktion auf diese Urteile empfiehlt etwa Claudius Vogt von der GGUA, bei Bezahlkarten individuell höhere Bargeldanteile zu beantragen, sofern individuelle Umstände vorliegen (z. B. Familien mit kleinen Kindern, …). Auch wenn man bestimmte Kosten mit der Karte tatsächlich nicht decken kann – z. B. Einkäufe in kleinen Geschäften, am Kiosk, Privatkäufe gebrauchter Waren, Taschengeld für die Klassenfahrt usw. – solle die zusätzliche Bereitstellung von Bargeld hierfür beantragt und möglichst konkret begründet werden. Das Sozialamt habe dann die Pflicht, sich mit jedem Antrag individuell auseinanderzusetzen und einen begründeten Bescheid zu erlassen, der die jeweiligen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Bei Ablehnungen sei eine Klage und ggf. ein Eilantrag beim Sozialgericht möglich.
4. Einladung: Online-Kampagne zur Interkulturellen Woche
Unsere für das Projekt „Vielfalts(t)räume“ zuständige Kollegin, Angelika Peplinski, lädt ein zur Teilnahme an einer Online-Kampagne im Kontext der diesjährigen Interkulturellen Woche. „Vom 22.09. bis 29.09. finden die interkulturellen Wochen 2024 statt. Dafür suchen wir Menschen, die in kurzen Videobeiträgen ihre Vorstellungen zum Thema ‚Räume für Vielfalt‘ und ‚Träume von Vielfalt‘, aufnehmen. Die Videos veröffentlichen wir auf Social Media. So wollen wir unseren Teil dazu beitragen, Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit für die verschiedenen Facetten von Vielfalt zu schaffen“, so aus der Einladung zur Teilnahme. Ehrenamtliche in der Arbeit mit Geflüchteten sind gesondert eingeladen, ihre Visionen mit professioneller Unterstützung sichtbar machen zu lassen.
5. Gericht bejaht Visum zwecks Geschwisternachzug
Der Flüchtlingsrat Niedersachsen weist auf ein positives Urteil des OVG Berlin-Brandenburg hin (OVG 3 S 32/24). Demnach ist dem 13-jährigen Bruder eines (noch) minderjährigen, subsidiär schutzberechtigten Syrers ein Visum zu erteilen, damit er gemeinsam mit seinen Eltern einreisen und die familiäre Gemeinschaft mit seinen Eltern aufrecht erhalten werden kann. Dass der Lebensunterhalt nicht gesichert ist, spricht nicht gegen eine Visum-erteilung. Da die Referenzperson in wenigen Tagen volljährig wird und dann der Nachzugsanspruch der Eltern endet, ist ein zeitlich gestaffelter Nachzug nicht zumutbar. Zudem sind die zeitlichen Dimensionen nicht absehbar. Die Eltern und der Bruder lebten im Irak.
6. Neues Faktenblatt der Caritas zur Ausweisung und Abschiebung
Migration und Integration werden in Deutschland regelmäßig als wichtige Themen benannt und insbesondere im Wahljahr 2024 mit großer Härte diskutiert. Die Politik setzt über Parteigrenzen hinweg verstärkt auf Begrenzung oder gar Abschottung. Viele Diskussionsbeiträge und sogenannte Lösungen sind dabei wenig von Fakten getragen. Wer für Differenzierung eintritt, wird nur zu oft als realitätsfern abqualifiziert. Die Caritas möchte einen deeskalierenden und lösungsorientierten Beitrag zur Debatte leisten und hat dazu einige Faktenblätter zum Download eingestellt. Mit dem neuen Faktenblatt zu Ausweisung und Abschiebung soll ein konstruktiver Beitrag zur Debatte um Menschen ermöglicht werden, die zwar ausreisepflichtig sind, sich jedoch immer noch in Deutschland aufhalten.
7. Methodenhandbuch für die politische Bildungsarbeit im Kontext von Verschwörungserzählungen
Seit dem Beginn der Corona-Pandemie ist der Glaube an Verschwörungserzählungen in Deutschland sichtbarer und radikaler geworden. Die Broschüre von Cultures interactive e.V. – Verein zur interkulturellen Bildung und Gewaltprävention – stellt 15 erprobte Methoden für die politische Bildungsarbeit vor und erklärt, worauf es im pädagogischen Umgang mit Verschwörungserzählungen ankommt. Mehr
Für weitere Vertiefung kann die Broschüre „Verschwörungstheorien“ des Vereines Gegen Vergessen – für Demokratie e.V. eine kompakte Hilfestellung sein.
8. Projektförderung durch den Fonds „Auf Augenhöhe“
Mit Hilfe einer Bürgerstiftung vor Ort haben Initiativen die Chance, ihre Arbeit durch den Fonds „Auf Augenhöhe“ unterstützen zu lassen. Hierfür stehen Zuschüsse von 3.000 bis 5.000 € zur Verfügung. Das Antragsverfahren und das Berichtswesen sind bewusst unbürokratisch gehalten worden. Förderfähig sind Projekte, „die eine breite Teilhabe an sozialen Prozessen ermöglichen, den Erfahrungsaustausch zwischen allen Beteiligten sichern und für eine kontinuierliche Reflexion der Flüchtlingsarbeit sorgen. Solche Ansätze schließen auch ehemalige Geflüchtete ein und können u. a. interkulturelle Trainings, ehrenamtliche Sprachkurse sowie Schulungen zu Rechtsfragen oder zum Demokratieverständnis umfassen.“ Mehr
9. Aktualisierte SVR-Publikation: Fakten zu Flucht und Asyl
In diesem Faktenpapier hat der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) relevante Informationen, Zahlen und Statistiken zum Thema Flucht und Asyl in Deutschland, der EU und weltweit aktualisiert zusammengetragen. Die Publikation informiert übersichtlich und gebündelt über Daten zu Asylanträgen, Schutzquoten, Hauptherkunftsländern sowie Ausreisepflicht und Duldung.
Außerdem verschafft das aktualisierte Faktenpapier einen Überblick über weitere relevante Themen wie Einzelheiten zum Asylverfahren, die verschiedenen Schutzformen und über Fragen des Zugangs zu staatlichen Leistungen, zur Gesundheitsversorgung, zu Arbeitsmarkt und Bildung. Ein Fokus wird zudem auf die Fluchtmigration aus der Ukraine seit Februar 2022 gelegt.
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Gut zu wissen ...
Immer wieder erreichen uns Fragen nach Rechtsprechung und Erlassen u.a. zu Dublin-Verfahren, Aufenthaltsrecht, Asylrecht, AsylbLG. Um Redundanzen zu vermeiden möchten wir an dieser Stelle auf die Entscheidungsdatenbank des Informationsverbundes Asyl & Migration verweisen. Interessierte können außerdem den Newsletter des Informationsverbundes abonnieren. An dessen Ende steht immer eine Übersicht zur aktuellen Rechtsprechung.
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Herausgeber: Ralf Nolte, Flüchtlingsbeauftragter
Redaktion: Hezni Barjosef, Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,