August 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Sea-Watch 4 ist seit Mitte August im Mittelmeer unterwegs, um Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten. Ich bin froh darüber, denn derzeit gibt es im Mittelmeer kein Rettungsschiff der EU oder eines EU-Staates. Dass man Flüchtlinge nicht ertrinken lassen darf, diese Erkenntnis teilen auch Politiker, die sonst das Fehlen einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik als Vorwand für Untätigkeit nutzen. Doch bis die Politik etwas ändert, brauchen wir private Seenotretter. Das Schiff steht für ein Europa, das Mut macht.

Bis August starben lt. „Internationale Organisation für Migration“ auf dem Mittelmeer 443 Menschen, 2019 waren es um diese Zeit 926 und 2018 sogar 1541 Tote. Wegen Corona haben sich zurzeit vermutlich weniger Flüchtlinge auf den Weg gemacht. Es ist erfreulich, dass bisher weniger Flüchtlinge gestorben sind als sonst. Aber die Menschen, die nicht auf dem Mittelmeer sterben, werden vielleicht in Nordafrika gequält und geknechtet auf dem Weg zur Mittelmeerküste. Das Elend ist nicht weg. Kirche muss öfter Dinge tun, auch wenn diese nur symbolstark sind. Natürlich sollte sie in einer Zeit sehr harter gesellschaftlicher Debatten - auch über die Rettung von Asyl- und Schutzsuchenden aus Seenot - lieber verbinden, statt zu polarisieren. Das schließt nicht aus, ab und zu auch Dinge zu tun, die polarisieren: Mithilfe der Evangelischen Kirche in Deutschland konnte ein ehemaliges Forschungsschiff gekauft und für die Seenotrettung im Mittelmeer umgerüstet werden. Ein Rettungsschiff des Vatikans wäre natürlich großartig. Aber einige katholische Bistümer haben dem die Sea Watch tragenden Bündnis finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Mir liegt das Motto von Ärzte ohne Grenzen sehr am Herzen. "Wir glauben nicht, dass Worte immer Leben retten können, aber wir wissen, dass Schweigen mit Sicherheit tötet."

In diesem August ist es fünf Jahre her, dass Deutschland Grenzen für Asyl- und Schutzsuchende nicht geschlossen hat. Seitdem trafen Hunderttausende Asyl- und Schutzsuchende auf eine lebendige, Humanität, Empathie und der Idee der Menschenrechte sich verpflichtende Gesellschaft. Wir sind weiterhin verpflichtet, Asyl- und Schutzsuchende aufzunehmen, weil das individuelle Recht auf Asyl unbedingt gilt.

Ich ermutige Sie, an Prinzipien von Offenheit und Menschlichkeit festzuhalten und sie entschlossen gegen jene zu verteidigen, die für die Ausgrenzung und Entrechtung von Menschen stehen. Wir wollen eine offene, solidarische Gesellschaft auf dem Fundament der Menschenrechte.

Es grüßt Sie herzlich

Domkapitular Dr. Thomas Witt
Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen im Erzbistum Paderborn

 

1. Familienzusammenführung: Für Kinder kommt es auf das Alter zum Zeitpunkt des Antrags an

Bereits 2018 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) gegen die Niederlande entschieden, dass es beim Familiennachzug von Eltern zu ihren als Flüchtling anerkannten Kindern auf das Alter des Kindes bei der Antragstellung ankommt, nicht das bei der Entscheidung über den Antrag. Deutschland hält das Urteil für sich nicht für bindend. Hier finden Sie das Urteil.

Nun hat derselbe Gerichtshof am 16.07.2020 auch im umgekehrten Fall (Nachzug von Kindern zu ihren Eltern) entschieden. Im vorliegenden Fall wollte ein in Belgien anerkannter Flüchtling aus Guinea seine drei Kinder nachholen. Die zuständigen belgischen Instanzen lehnten den Antrag ab. Sie argumentierten, die Kinder seien inzwischen volljährig geworden. Der EuGH stellte nun die Unrechtmäßigkeit dieser Praxis fest. Ziel der einschlägigen EU-Familienzusammenführungsrichtlinie sei es, die Zusammenführung von Familien zu begünstigen und die Fälle von Minderjährigen mit der „erforderlichen Dringlichkeit“ zu bearbeiten. Wäre dabei das Alter des Kindes zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag maßgebend, hätten die Behörden und Gerichte keine Veranlassung zur Dringlichkeit, so die Richter aus Luxemburg (Az.: C-133/19, C-136/19 & C-137/19). Experten sind sich einig, dass dieser Fall (Nachzug von Kindern zu Eltern) auch für Deutschland unstrittig sein dürfte.

2. Aufnahme kranker Kinder mit Familien aus Flüchtlingslagern in Griechenland – auch in NRW

Im April und Juni 2020 wurden bereits 53 unbegleitete Kinder aus Griechenland aufgenommen. Die Bundesregierung hatte zugesagt weitere, vor allem kranke Kinder und deren Familien aufnehmen zu wollen: am 24.07.2020 trafen weitere 100 Kinder aus Griechenland und 24 Familien in Deutschland ein. Die Familien sollen in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen unterkommen. Insgesamt sind in der nächsten Zeit 7 Flüge mit einer Gesamtzahl von 928 Personen vorgesehen. Zusätzlich sollte am 30.07.2020 eine weitere Charter-Maschine aus Griechenland bis zu 210 Personen im Rahmen der Dublin-Familienzusammenführung nach Deutschland bringen. Der Diözesan-Caritasverband Paderborn hat mit der LAG FW dem Land NRW mitgeteilt, dass die Caritas bereit ist, die Familien im Asylverfahren und bei der Integration durch Beratungs- und Betreuungsangebote der Fachdienste für Integration und Migration zu unterstützen. Wann dies gegebenenfalls geschieht, hängt davon ab, wohin die Familien verteilt werden.

3. Fünfter Katholischer Flüchtlingsgipfel

Am 24. Juni 2020 fand der fünfte Katholische Flüchtlingsgipfel digital statt. In diesem Jahr standen die Aspekte der Unterstützung der Integration von Flüchtlingsfamilien im Mittelpunkt der Konferenz mit 150 Teilnehmenden aus dem ganzen Bundesgebiet. Im Hauptvortrag ging Prof. Dr. Thomas Faist, Professor für Transnationale Beziehungen, Entwicklungs- und Migrationssoziologie an der Universität Bielefeld, auf den Stellenwert der Familie im Integrationsprozess ein. Außerdem wies er darauf hin, uns von den Vorstellungen der Kleinfamilien zu verabschieden und zu berücksichtigen, „dass viele Flüchtlingsfamilien erweiterte, multilokale, multigenerationale und grenzübergreifende Formen aufweisen“. Bei dieser Gelegenheit präsentierte Erzbischof Dr. Heße, Hamburg, die aktuellen Zahlen der kirchlichen Flüchtlingshilfe: In 2019 haben die 27 deutschen (Erz)Bistümer 116,1 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe bereitgestellt, darunter 38,7 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe im Inland. Erstmals wurden für das Jahr 2019 auch Zahlen zum Engagement der Diözesen im Bereich der Familienzusammenführung erhoben. Alle (Erz-)Diözesen unterstützen die Familienzusammenführung sowohl ideell als auch praktisch. Zudem haben mehr als 2.000 Personen, davon mehr als die Hälfte Kinder, finanzielle Unterstützung bei der Familienzusammenführung erhalten. Hierfür haben ein Teil der (Erz-)Bistümer 663.000 € zur Verfügung gestellt. Außerdem bedankte sich der Sonderbeauftragte bei den 45.000 Ehrenamtlichen und 5.100 Hauptamtlichen in der Flüchtlingshilfe. Mehr

4. Wegfall von Einreisebeschränkungen und neue Visabestimmungen aufgrund der Corona-Pandemie

Ab 02.07.2020 wurden die Einreisebeschränkungen nach Deutschland aufgrund von COVID-19 partiell aufgehoben, sodass nunmehr Einreisen nach Deutschland für weitere Personengruppen möglich sind. Dazu zählen Personen, die im Wege des Familiennachzugs einreisen. Spezifische Hinweise für die wieder möglichen Einreisen zum Familiennachzug finden sich bei den Beratungshinweisen des DRK Suchdienstes. Es ist zu erhoffen, dass die Bearbeitung von Visaverfahren zeitnah wiederaufgenommen wird. Daher ist dringend anzuraten, sich regelmäßig auf den Homepages der betreffenden Auslandsvertretungen über die kommenden Verfahrensweisen zu informieren. Es wird voraussichtlich keine einheitliche Regelung geben, sodass sich die Praxis der Auslandsvertretungen unterscheiden wird.

5. Asylbewerberleistungen für Menschen im Kirchenasyl

Bereits 2016 hatte das Bayerische Landessozialgericht (LSG) entschieden, dass Menschen, die sich in einem offenen Kirchenasyl befinden, nicht das Recht missbrauchen und damit Anspruch auf Leistungen des AsylbLG haben (L 8 AY 28/16 B ER). Nun hat auch das Hessische LSG in Darmstadt ähnlich entschieden. Ein Äthiopier, der 2015 eingereist war und nach der Ablehnung seines Asylantrags nach Italien abgeschoben werden sollte, hatte in Frankfurt Schutz in einer Kirche gefunden. Die Gemeinde hatte den Aufenthaltsort des Schutzsuchenden der Ausländerbehörde mitgeteilt. Sein Antrag auf Sozialleistungen haben die Behörden mit dem Hinweis abgelehnt, er habe seine Aufenthaltsdauer durch das Kirchenasyl rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Für das LSG war es entscheidend, dass die Behörden jeder Zeit den Aufenthaltsort des Äthiopiers kannten und eine Abschiebung hätten vornehmen können. Der bewusste Verzicht des Staates auf den Vollzug der Ausreisepflicht kann nicht dem Ausländer angelastet werden, entschied das Gericht (Az: L 4 AY 5/20 B ER).

6. Europäischer Gerichtshof: Recht auf persönliche Anhörung vor Abschiebung in einen anderen EU-Staat

Am 16.07.2020 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Fall eines Eritreers entschieden, dass Asylsuchende vor ihrer Abschiebung in ein anderes EU-Land persönlich angehört werden müssen (AZ: C-517/17). Der Schutzsuchende war 2011 nach Deutschland eingereist und hatte um Asyl gebeten. 2013 stellte sich heraus, dass er bereits in Italien Asyl erhalten hatte, weshalb das BAMF ihn ohne Anhörung dorthin abschieben wollte.

Der EuGH urteilte nun, dass dem Kläger eine persönliche Anhörung zu gewähren ist. Diese soll ihm nicht nur die Gelegenheit zur Äußerung geben, ob der andere EU-Staat ihm Schutz gewährt hat, sondern ihm auch ermöglichen, sich detailliert zu seinem Fall zu äußern, um sicherstellen zu können, dass ihn im Zielland keine unmenschliche und erniedrigende Behandlung erwartet. Darüber hinaus legte der EuGH Standards für die persönliche Anhörung fest: Der Betroffene hat das Recht auf einen Dolmetscher in der eigenen Sprache und darauf, dass der Behördenmitarbeiter, der ihn anhört, vom gleichen Geschlecht ist. Außerdem darf dieser Behördenmitarbeiter keine Polizei- oder Militäruniform tragen.

7. Sozialamt muss Dolmetscherkosten bei Psychotherapie übernehmen

In einem noch nicht rechtskräftigen Hauptsacheverfahren hat das Sozialgericht Münster am 08.06.2020 das Sozialamt zur Übernahme von Dolmetscherkosten im Rahmen einer Psychotherapie verurteilt (Az.: S 20 AY 3/17). Die Klägerin erhält Analogleistungen nach § 2 AsylbLG. Rechtsgrundlage für die Kostenübernahme ist § 27a Abs. 2 Nr. 2 SGB XII: Danach muss individuell ein höherer monatlicher Regelbedarf gezahlt werden, wenn ein prinzipiell vom Regelsatz erfasster Bedarf für einen Zeitraum von mehr als einem Monat regelmäßig „unausweichlich in mehr als geringem Umfang oberhalb durchschnittlicher Bedarfe liegt“.

Kosten für die Gesundheitsversorgung sind zwar grundsätzlich im Regelbedarf enthalten, soweit sie nicht von der Gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden (dies gilt z. B. für Eigenanteile, Rezeptgebühren oder verschreibungsfreie Medikamente). Die Kosten für Dolmetscher/innen im Rahmen einer notwendigen Behandlung übersteigen allerdings diese im Regelsatz enthaltenen, durchschnittlichen Bedarfe nach Auffassung des Gerichts erheblich. Zugleich dürfen die Kosten der Dolmetscher/innen aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Aus diesem Grund hat das Sozialgericht das Sozialamt verpflichtet, die Kosten für Sprachmittlung (in diesem Fall pro monatlich stattfindender Sitzung etwa 30 Euro) durch einen entsprechend erhöhten monatlichen Regelsatz zu übernehmen (Quelle: GGUA, Liste Münsterland vom 30.07.2020)

8. Corona: Keine Unterbrechung von Überstellungsfristen bei Dublin-Abschiebungen

Seit Auftreten der Corona-Pandemie stellt sich oft die Frage, ob die Aussetzung von Dublin-Überstellungen im Zusammenhang mit der Pandemie als Unterbrechung der Frist anzusehen ist. Bereits im Mai 2020 hatte das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht diese Frage eindeutig verneint und mit dem Unionsrecht unvereinbar erklärt (Urteil). Nun hat auch das Verwaltungsgericht Berlin in einem Schreiben an die Beteiligten seine Absicht erkennen lassen: „In der Sache spricht einiges dafür, dass die Aussetzung der Vollziehung aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht den Lauf der Überstellungsfrist unterbricht“ (Quelle: Flüchtlingsrat NRW, Schnellinfo 07/2020).

9. Beschulung von Kindern in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität

Am 10. August 2020 wurde in einer Videokonferenz der Katholischen Länderbüros über die „Beschulung von Kindern in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität“ gesprochen. Die Geschäftsführerin des „Katholischen Forums Leben in der Illegalität“ verwies darauf, dass dadurch, dass die Pflicht zur Übermittlung von Daten durch die Bildungseinrichtungen nach einer entsprechenden Regelung 2011 im Aufenthaltsgesetz zwar nicht mehr bestehe und damit grundsätzlich eine Hürde für die Beschulung von Kindern in der aufenthaltsrechtlichen Illegalität beseitigt worden sei. Jedoch gebe es scheinbar in der Praxis immer wieder Probleme bei der Aufnahme (z.B. Frage nach Aufenthaltsstatus durch Schulsekretärinnen). In NRW dürfen laut Erlass des Schulministeriums vom 27.03.2008 Meldebescheinigungen und Kopien von Pässen bei der Aufnahme, auch auf Ersuchen der Ausländerbehörden, nicht gefordert werden.

Das Thema soll auf der nächsten Konferenz der katholischen Länderbüros Ende September erneut aufgegriffen werden. Sollten Sie über entsprechende Erfahrungen verfügen, teilen Sie uns diese bitte bis zum 24. September mit. Berichte über gut funktionierende Kooperationen sind ebenfalls willkommen.

10. Sicherstellung einer behördenunabhängigen Asylverfahrensberatung in NRW

Laut §12a des im August 2019 in Kraft getretenen Asylgesetzes kann die individuelle Asylverfahrensberatung durch das BAMF oder durch die Wohlfahrtsverbände durchgeführt werden. Noch in diesem Sommer beabsichtigt das BAMF deutschlandweit seine „Asylverfahrensberatung“ aufzunehmen. Die BAG FW hatte sich zuletzt Ende Juni 2020 gegen eine Verdrängung von Beratungsangeboten der Wohlfahrtsverbände zugunsten der BAMF-Beratung ausgesprochen. Vor allem im Kontext des Asylrechts sei eine nichtstaatliche Beratung von großer Bedeutung, um Asylsuchende von unabhängiger Seite über ihre Rechte und Pflichten in einem fairen Asylverfahren zu informieren. In NRW hat das MKFFI zugesagt, an der unabhängigen Asylverfahrensberatung der Freien Wohlfahrtspflege festzuhalten und die LAG FW in die Abstimmungen zu einer zukünftigen Zusammenarbeit des Landes mit dem BAMF mit einbezogen zu werden. LAG FW und MKFFI sind sich einig, dass das BAMF Asylsuchende nur informieren, nicht aber unabhängig beraten kann.

11. Welttag des Migranten und Flüchtlings

Im Vorfeld zum Welttag des Migranten und Flüchtlings am 20. September 2020 veröffentlicht der Vatikan verschiedene mediale Anregungen unter dem Motto „Wie Jesus Christus, zur Flucht gezwungen“, die frei verfügbar sind. Bis zum Welttag am 20. September 2020 erscheinen in regelmäßigen Abständen weitere Materialien. Die bereits veröffentlichten Dokumente sind mehrsprachig aufbereitet und hier zu finden. Die Texte wurden übersetzt, so dass Sie auf der genannten Seite nun auch einen Link zum deutschsprachigen Material finden.

12. Handreichung: Zugang zur Berufsausbildung

Der Paritätische Gesamtverband hat seine Handreichung „Der Zugang zur Berufsausbildung und zu den Leistungen der Ausbildungsförderung für junge Flüchtlinge und junge Neuzugewanderte“ im Juni 2020 überarbeitet. Die Autoren gehen im ersten Teil auf ausgewählte Förderinstrumente und ausbildungsfördernde Leistungen sowie weitere mögliche Unterstützungsangebote ein. Im zweiten Teil werden die ausländerrechtlichen Voraussetzungen zur Ausbildungsförderung je nach Aufenthaltsstatus einer Person dargestellt und mit Praxistipps, Beispielen und Hintergrundinfos angereichert. Mehr

13. Deutscher Caritasverband: Empfehlungen und Hintergründe für eine kultursensible Beratung:

Eine Broschüre des Deutschen Caritasverbandes behandelt die verschiedenen Vorstellungen von Krankheit und Gesundheit. Mit konkreten Beispielen von kulturspezifischen Krankheitskonzepten sollen diese Vorstellungen verdeutlicht werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich des kultursensiblen (Erst-)Gesprächs sowie seine Durchführung. Außerdem gibt es einen Exkurs zum Thema Psychoedukation und deren Bedeutung in der Beratung von Menschen mit Migrations- und Fluchthintergrund. Die Broschüre und dazugehörigen Grafiken finden Sie hier.

14. Caritas NRW: Kinderrecht auf Bildung durchsetzen - Kindern von Asylsuchenden schneller Zugang zu Kita und Schule gewähren

Die Caritas in NRW fordert am 11.08.2020 zum Schulstart in Nordrhein-Westfalen, auch Kindern von Asylsuchenden, die in zentralen Aufnahmeeinrichtungen des Landes NRW leben, uneingeschränkten Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Diese Kinder haben das gleiche Recht auf Bildung wie alle anderen, die jetzt wieder in die Schule gehen. Die letzten Monate hätten gezeigt, wie elementar wichtig Bildungsangebote in der Schule für alle Kinder seien. Deswegen müsse auch für minderjährige Kinder von Asyl- und Schutzsuchenden die Schulpflicht ohne Einschränkung gelten und durchgesetzt werden. Die Landesregierung muss dafür Sorge tragen, dass Kinder von Asyl- und Schutzsuchenden spätestens drei Monate nach Äußerung des Asylbegehrens Zugang zum Schul- und Bildungssystem erhalten. Die Bildungsangebote, die es gibt, entsprechen in Inhalten, Umfang und Niveau nicht dem Maßstab einer Beschulung an einer Regelschule. In NRW gilt die rechtliche Einschränkung, dass die Schulpflicht erst dann greift, wenn die Zuweisung der asylsuchenden Familien aus den zentralen Unterkunftseinrichtungen in die Kommunen erfolgt ist. Aufnahmeeinrichtungen sind generell keine kindgerechten Orte. Die Bundesrepublik und die Bundesländer sind nach den Vorgaben des Völkerrechts sowie des EU- und des Verfassungsrechts verpflichtet, für minderjährige Kinder von Asylsuchenden den Zugang zum Schul- und Bildungssystem spätestens drei Monate nach Äußerung des Asylbegehrens sicherzustellen.

15. Kinderrechte-Check für geflüchtete Kinder vorgestellt.  

Der Check entstand im Rahmen des Projekts „Qualität in der Vielfalt sichern“, bei welchem sich „Save the Children“ auf die Verbesserung der Unterbringung geflüchteter Kinder und ihrer Familien konzentriert. Das Messinstrument hilft dabei, die Qualität der Unterkünfte sowie den Zugang zu Leistungen und Angeboten während der zentralen Unterbringung zu überprüfen. Das Besondere am Kinderrechte-Check ist, dass er nicht nur die Unterkunft, sondern die gesamte Unterbringungssituation in den Blick nimmt. Es wird auch der Zugang zu externen Angeboten und Versorgungsleistungen geprüft. Das Ergebnis ist ein Qualitätsmessinstrument, das mittels Ampelsystem Aufschluss über Einhaltung der Mindeststandards gibt. Zudem bietet es Anregungen für Verbesserungen: „Grün“ heißt, dass im Bereich Kinderrechte Mindeststandards erfüllt werden, „Gelb“ und „Rot“ zeigen auf, dass noch Handlungsbedarf besteht. 

16. Dauer des behördlichen und gerichtlichen Asylverfahrens

In einer Antwort auf eine Anfrage von MdB Jelpke (DIE LINKE) teilt das Bundesinnenministerium mit, dass Asylverfahren vor dem BAMF im Jahr 2019 durchschnittlich 6,1 Monate dauerten. Dies ist zwar eine Beschleunigung der Verfahren gegenüber dem Vorjahr (durchschnittliche Verfahrensdauer 7,5 Monate). Von der Erfüllung der politischen Zielvorgabe, wonach Asylverfahren nicht länger als drei Monate dauern sollten, ist das BAMF noch immer deutlich entfernt. Beachtet werden muss in diesem Zusammenhang, dass die Dauer von Gerichtsverfahren in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist: so lag die Dauer 2017 bei 13,2 Monaten, 2018 bei 17,6 und 2019 bei 21,3 Monaten. Der „Verfahrensstau“ verlagert sich zunehmend vom BAMF auf die Gerichte.

17. Einladung zum Tag des Kirchenasyls

Am 30.08.1983 starb in Berlin der 23-jährige politische Flüchtling Cemal Kemal Altun. Er stürzte sich während seiner Verhandlung aus Angst vor der Abschiebung in die Türkei aus dem Fenster des Gerichtssaals. Zuvor hatte er über ein Jahr in Auslieferungshaft gesessen. Seitdem sind viele weitere Menschen als Folge der Abschiebungspolitik Deutschlands zu Tode gekommen, körperlich oder seelisch verletzt worden. Kurz nach Altuns Tod begann das erste Kirchenasyl in der Berliner Heilig-Kreuz-Gemeinde. In der Zwischenzeit fanden bundesweit etliche tausend Personen Schutz in Kirchen und bei Ordensgemeinschaften. Insbesondere die erfolgreichen Kirchenasyle sind der Beleg dafür, dass es sich lohnt, sich ernsthaft mit jeder Anfrage auseinanderzusetzen.

Die ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche lädt für den 30.08.2020, von 18.00 bis 19.30 Uhr zu einem Onlinetreffen ein. Hier soll gemeinsam an Cemal Kemal Altun und die Anfänge der Bewegung erinnert werden. Auch Geschichten aus vergangenen und aktuellen Kirchenasylen sollen geteilt werden. Zu diesem Treffen sind alle in der Kirchenasyl-Bewegung engagierte und am Thema Interessierte eingeladen. Die Veranstaltung findet auf Deutsch statt. Bei Interesse schreiben Sie eine E-Mail an . Dann erhalten Sie den Link zur Zoom-Konferenz.

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Herausgeber: Domkapitular Dr. Thomas Witt
Redaktion: , Koordination Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn,
                    , Caritasverband für das Erzbistum Paderborn e.V.