Soest – Wohnraum für Flüchtlinge
Mit Balkon und Ausblick: Iris Rosenthal prüft Wohnungsangebote für Flüchtlinge. Jonas Interessiert öffnet Iris Rosenthal den Küchenschrank, schaut sich alles genau an. Drei Zimmer, Küche, Bad, insgesamt 64 Quadratmeter. Der Balkon bietet einen tollen Ausblick über Wiesen und Felder. „300 Euro Kaltmiete“, erklärt der Vermieter. doch die 26-Jährige sucht keine Wohnung für sich selbst. Sie kommt vom Caritasverband für den Kreis Soest und akquiriert Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge. Angesichts wachsender Wohnungsknappheit haben diese große Schwierigkeiten, nach der Gewährung von Asyl in Deutschland eine Wohnung zu finden und aus den beengten Verhältnissen kommunaler Flüchtlingsunterkünfte ausziehen zu können.
„Please help me, bitte helfen Sie mir, hat mir kürzlich jemand flehend per SMS geschrieben“, berichtet Iris Rosenthal. Die 21-jährige Absenderin kommt aus Eritrea, erwartet in zwei Monaten ihr erstes Kind und sucht dringend Wohnraum für sich und ihr Baby. Das Problem: Sie würde gern in Soest wohnen, wo sie an einem Integrationskurs teilnimmt. „Dort ist aber nichts Bezahlbares zu bekommen“, erklärt Iris Rosenthal. „Da würde ich auch für mich nichts finden.“ Doch sie hat etwas Geeignetes für die werdende Mutter im Auge, allerdings rund 15 Kilometer von Soest entfernt: Ein kleines Appartement in einem Privathaus, „mit total engagierten Vermietern, weltoffenen Menschen“, die gleich ihre Küche und Waschmaschine zur Mitbenutzung angeboten haben. „Sie würden sich sehr auf das Baby freuen.“ Bei solch einer Wohnung „passt einfach alles“, ist Iris Rosenthal überzeugt. Sie will die Wohnung der Eriteerin anbieten und hofft, dass sie einverstanden ist.
Der Caritasverband für den Kreis Soest ist der erste im Erzbistum Paderborn, der die Vermittlung von Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge auf seine Fahnen geschrieben hat. Die Idee kam im Herbst 2015 auf, als die Flüchtlingszahlen deutlich anstiegen und bei der Caritas immer mehr Nachfragen von Ämtern nach Wohnraum für Flüchtlinge kamen, berichtet Claudia Wetter, Ehrenamtskoordinatorin bei der Soester Caritas: „Mensch, wir sind doch ein so großer Verband. Was haben wir, was haben unsere Mitarbeiter zu bieten?“ Mit der Gehaltsabrechnung ging ein Brief an die Mitarbeiter mit der Bitte, vorhandenen Wohnraum für Flüchtlinge anzubieten. Als Folge zog eine syrische Familie zu einem Kollegen, der in einem kleinen Dorf wohnt. „Jetzt sind alle happy“, berichtet Claudia Wetter. „Der Kollege, weil er die syrische Familie als große Bereicherung erlebt und vorher Probleme mit wechselnden Mietern hatte, und die Familie, weil in dem Ort ein hohes Engagement herrscht und sie jetzt ganz viele Paten hat.“
Deshalb wurde die Initiative ausgedehnt und unter dem Namen „Shalom Salam – Wohnraum für Flüchtlinge“ an die Öffentlichkeit gebracht. Mit Unterstützung des Fonds zur „Engagementförderung“ des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn wurde Iris Rosenthal mit der Aufgabe betraut, Wohnungen und Flüchtlinge zusammenzubringen. Nach einem Aufruf meldeten sich innerhalb kürzester Zeit fast 30 potentielle Vermieter. „Man kennt die Caritas als verlässlichen Partner. Weil ihr viele vertrauen, ziehen sie eine Vermietung an Flüchtlinge eher in Betracht“, erklärt Iris Rosenthal. Unter den Angeboten war auch die 64-Quadratmeter-Wohnung in einem kleinen Dorf im Kreis Soest. „Ich habe gelesen, dass man hinterher auch begleitet wird. Das ist mir wichtig“, erklärt der Vermieter. „Ja, genau“, bestätigt Iris Rosenthal. „Sie können mich jederzeit bei Fragen anrufen.“
Für die weitere Betreuung der Flüchtlinge setzt Ehrenamtskoordinatorin Claudia Wetter auf die Vermieter, aber auch auf Ehrenamtliche, die sie in dem betreffenden Ort sucht. Die Erfahrung zeige, dass der ländliche Raum für die Integration besser sei, erklärt Claudia Wetter. Allerdings sei der Nahverkehr oft schlecht, die Lage „weit ab vom Schuss“ und fern von Einkaufsmöglichkeiten für Flüchtlinge zunächst wenig attraktiv.
Die 64-Quadratmeter-Wohnung hat Iris Rosenthal gefallen. „Die könnte man schon gut vermitteln.“ Aber: „Die Lage macht mir Sorgen. Es ist doch sehr ländlich.“ Iris Rosenthal will nun die Busverbindungen und andere Rahmenbedingungen prüfen. Und vielleicht findet sie dann ein Flüchtlingsehepaar, das sich vorstellen kann, hier eine neue Heimat zu finden.