„Wintergarten“ für den nationalen Integrationspreis nominiert
Bei dem Theaterstück "Wintergarten - Ich will nach vorne schauen" wirken Einheimische und Asylsuchende mit. Vivian Schulte Bundeskanzlerin Angela Merkel wird auch in diesem Jahr einen Nationalen Integrationspreis vergeben. Mit dem Preis sollen Einzelpersonen, Personengruppen, Organisationen oder Kommunen geehrt werden, die sich in beispielgebender Weise im Bereich Integration verdient gemacht haben. Auch die Deutsche Bischofskonferenz hatte ein Vorschlagsrecht und rief alle 27 Bistümer auf, Projekte und Initiativen aus ihrem Zuständigkeitsbereich vorzuschlagen. Die zu nominierenden Projekte sollten folgende Bedingungen erfüllen:
- Förderung der Vermittlung der Werte und Grundüberzeugungen unserer Gesellschaft sowohl im privaten als auch im beruflichen oder schulischen Umfeld (z.B. Gleichberechtigung, Meinungs- und Religionsfreiheit und Toleranz).
- Ausrichtung vor allem auf die Integration von Geflüchteten.
Unter Berücksichtigung von Wirkungsgrad, Nachhaltigkeit, Übertragbarkeit, Innovativität sowie die Intensität des Engagements wurde für das Erzbistum Paderborn ein Theaterprojekt der Caritas-Konferenz Hl. Kreuz, Arnsberg, für den nationalen Integrationspreis 2018 nominiert.
Das Theaterprojekt „Wintergarten – Ich will nach vorne schauen“ startete bereits im Herbst 2015. Zehn Einheimische und 15 Asyl- und Schutzsuchende trafen sich zum Tanz, Gesang und Theater. Zu den wöchentlichen Treffen bringen „beide Seiten“ weitere Freunde und Interessierte mit, sodass eine Vielzahl von Menschen zum Gelingen beiträgt. Neben der sprachlichen, sozialen und gesellschaftlichen Integration von Schutz- und Asylsuchenden, bietet „Wintergarten“ eine Plattform der Begegnung mit Einheimischen und gute Bedingungen für die Vermittlung gesellschaftlicher Werte und für eine konstruktive Auseinandersetzung mit Ängsten und Vorurteilen. Das Einüben von Respekt und Akzeptanz erfolgt „spielerisch“.
Ein syrischer Flüchtling schrieb das Drehbuch Im Theaterstück "Wintergarten - Ich will nach vorne schauen" werden vielfältige Themenfelder des alltäglichen Lebens thematisiert. Vivian Schulte
Im Einzelnen geht es bei diesem Theaterstück, dessen Drehbuch von einem syrischen Flüchtling geschrieben und ins Deutsche übersetzt wurde, um die Themenfelder Flucht, Ankommen in Deutschland, Kennenlernen unterschiedlicher Kulturen, Integration, Abbau von Vorurteilen und Ängsten, Auseinandersetzung mit bestimmten Elementen der deutschen Geschichte als Anknüpfungspunkt (Flucht aus Schlesien/Ostpreußen) sowie um Beziehungen zwischen Muslimen und Christen, unterschiedliche Kulturen von Arabern und Deutschen; Schwierigkeiten, die deutsche Sprache zu erlernen, Probleme mit Behörden, Wartezeiten bei der Asylantragsbearbeitung, Schulausbildung, Arbeit finden und der jeweils eigene Beitrag zur Integration in die Gesellschaft.
Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist ein Thema, das oftmals angesprochen und im Theaterstück deutlich wird. Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, gegenseitiger Respekt und Akzeptanz wird im Theaterstück und bei Unternehmungen selbstverständlich „eingeübt“. So feierten einige Asyl- und Schutzsuchende und Einheimische miteinander Weihnachten, Asyl- und Schutzsuchende nahmen an einem Beerdigungsgottesdienst teil. Der persönliche Glaube, das Respektieren und Akzeptieren und der Austausch darüber sind beiden „Gruppen“ wichtig. Eine gemeinsame Berlinreise, das Kennenlernen der deutschen Geschichte, der Besuch des jüdischen Museums war für alle Beteiligten beeindruckend und trug sehr zum gegenseitigen Verständnis bei.
Die Willkommenskultur ist der richtige Weg In einer Mischung aus Humor, Charme, Gefühl und Realitätsbezug treffen die Welten der Einheimischen und der Asyl- und Schutzsuchenden aufeinander. Vivian Schulte
Asyl- und Schutzsuchende und Einheimische engagieren sich in diesem Projekt. Die Gruppe trifft sich weiterhin einmal wöchentlich zum persönlichen Austausch, zur Weiterentwicklung des Theaterprojektes, zu Unternehmungen. Die entstandenen Beziehungen werden als wertvoll empfunden und sind tragfähig. Aufgrund der vertrauensvollen Atmosphäre entstand eine sehr gute Diskussionskultur, Verständnis für die jeweils andere Kultur wird aufgebracht. Inzwischen sind alle Asyl- und Schutzsuchenden berufstätig, haben eine Lehrstelle oder ein Studium begonnen. Sie haben sehr gute Kenntnisse der deutschen Sprache erworben und bringen sich ein als Dolmetscher bei Behörden und in ihrem Umfeld. Gegenseitig unterstützen sie sich bei der Suche nach Wohnungen, bei Umzügen usw.
Inzwischen wurde das Theaterstück sieben Mal aufgeführt. Vier weitere Aufführungen sind geplant, u. a. in einer Kirchengemeinde in Hamburg und der Justizanstalt Werl. Das Theaterstück soll den straffällig gewordenen Flüchtlingen aufzeigen, dass ein Miteinander unterschiedlicher Kulturen und Integration möglich sind.
Eine Aussage eines jungen Syrers hat die Koordinatorin besonders berührt: „Wir möchten den Deutschen zeigen, dass ihre Willkommenskultur der richtige Weg ist – wir möchten ein hilfreicher Teil eurer Gesellschaft werden!“
„Wintergarten“ ist auf jeden Ort übertragbar
Das Theaterprojekt ist ein kreatives und öffentlichkeitswirksames Projekt, das Asylsuchende und Einheimische zu einem intensiven Kennenlernen beider Kulturen einlädt und in einem starken Maße zur Integration beiträgt. Gesellschaftliche Werte wie Religions- und Meinungsfreiheit sowie Respekt gegenüber anderen Religionen und Kulturen werden sowohl auf der Bühne als auch in der Freizeit „eingeübt“. In einer Mischung aus Humor, Charme, Gefühl und Realitätsbezug treffen die Welten der Einheimischen und der Asyl- und Schutzsuchenden gewinnbringend aufeinander.
Die Teilnehmenden investieren sehr viel Zeit, Engagement und Ausdauer ins Projekt, setzen sich mit Freude, Ernsthaftigkeit und Ausdauer für diese Aufgabe ein. Die „Schauspieler“ engagieren sich ehrenamtlich und erhalten keine Gage. „Wintergarten“ ist nachhaltig und auf jeden Ort übertragbar – unter Beachtung der Urheberrechte wird das Drehbuch zur Verfügung gestellt.