Laut „Nein“ sagen
Rassismus und Antisemitismus auch im privaten Umfeld eine Absage erteilen - dazu fordert der Caritasverband für das Erzbistum Paderborn anlässlich der diesjährigen Internationalen Wochen gegen Rassismus auf. "Rassismus, Antisemitismus und andere Vorstellungen von Ungleichwertigkeit werden sich nicht durch Demonstrationen oder Pädagogik ausrotten lassen, nicht durch Verbote oder Sprachregelungen", sagt Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig. "Die Antwort der Mitte ist, laut Nein zu sagen, wenn jemand aus einer Herkunft, Haut- oder Haarfarbe ein Oben und Unten konstruieren möchte, im Freundeskreis, im Verein, am Arbeitsplatz." Wichtig sei auch, die eigenen Vorurteilsstrukturen und verletzenden Gedankenlosigkeiten aufzuspüren. "Neben einer nachhaltigen Prävention ist die Änderung von Haltungen und Vorstellungen Voraussetzung für eine Gesellschaft ohne Ausgrenzung, Abwertung, Diskriminierung und Menschenverachtung", sagt Lüttig.
Anschläge wie der vom 19. Februar 2020 in Hanau, bei dem der Täter aus rassistischer Gesinnung neun Menschen erschoss, machten es nötig, auch die ideologischen Stichwortgeber der rechtsextremen Terroristen in den Blick zu nehmen. So zum Beispiel die Identitäre Bewegung Deutschlands (IBD), die vor kurzem ihren Vereinssitz von Rostock in den Kreis Paderborn verlegt hat. Ihr Vorbild, die bekannteste Gruppe der Identitären Frankreichs, die Génération identitaire, wurde am 3. März vom französischen Kabinett verboten. "Deutschland sollte dem Vorstoß Frankreichs folgen und ein Vereinsverbot prüfen, um so den Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und ihre tödlichen Folgen konsequent zu führen", sagt Josef Lüttig. In Deutschland wird die Gruppe vom Verfassungsschutz beobachtet und als "rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft, deren Positionen nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien.
"Wir dürfen nicht vergessen: So furchterregend und machtvoll die Nationalautoritären und Rechtsextreme wirken mögen - sie sind eine Minderheit und sie kommen aus der Defensive", sagt Diözesan-Caritasdirektor Josef Lüttig. "Sie fürchten Gesellschaften, die wirklich daran arbeiten, allen Menschen einer Gesellschaft eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen, politischen und soziökonomischen Leben zu ermöglichen." Rassismus dürfe nicht nur als individuelle Verhaltensweise, sondern müsse als strukturelles Problem anerkannt werden, das auch und gerade in Behörden bestehe, sagt Lüttig. "Damit tut sich die Bundesregierung weiterhin schwer." Im Maßnahmenpaket von Ende 2020 fänden sich zwar gute Ansätze. "Die Vorschläge bleiben jedoch zu vage." Viele der Ansätze habe es auch zuvor schon gegeben, sie seien aber nie vollständig umgesetzt worden. "Hoffnung gibt die geplante Stärkung der Betroffenen von rassistischer Gewalt durch mehr Opferschutz, mehr Unterstützung für zivilgesellschaftliche Organisationen gegen Rassismus und für Betroffenenorganisationen", so Josef Lüttig. Die vom Maßnahmenpaket vorgesehene "verstärkte Sensibilisierung für Rassismus" im gesamten öffentlichen Dienst sei ein guter Ansatz. "Sie riskiert aber mangels genauer Zielvorgaben ins Leere zu laufen."
Die Caritas im Erzbistum Paderborn beteiligt sich auch 2021 wieder an den Internationalen Wochen gegen Rassismus. Veranstaltungen und Aktionen der jeweiligen Integrationsagenturen finden statt in Hagen, Paderborn, Minden, Siegen, Witten und Oerlinghausen.