Erzbischof dankt Helfern der Flüchtlinge
Mehr als 200 Ehrenamtliche aus der Flüchtlingshilfe im Erzbistum Paderborn nahmen am Fachtag „Aktiv für Flüchtlinge“ in Dortmund teil. Zum Abschluss feierte Erzbischof Hans-Josef Becker, vorne mit Domkapitular Dr. Thomas Witt (links), mit den Teilnehmern einen Gottesdienst in der St. Petri-Kirche. pdp Dortmund / Paderborn, 24. Oktober 2016. Mehr als 200 in der Flüchtlingshilfe engagierte Ehrenamtliche aus dem Erzbistum Paderborn waren am Samstag der Einladung von Erzbischof Hans-Josef Becker zur Fachtagung „Aktiv für Flüchtlinge“ in Dortmund gefolgt. Die Tagung stand im Zeichen des Dankes für das Engagement der Ehrenamtlichen, thematisierte aber ebenso die Schwierigkeiten der Hilfen für Geflüchtete.
Erzbischof Hans-Josef Becker dankte zu Beginn den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihren „unermüdlichen Einsatz“. Weit über 700 Aktionen und Initiativen würden derzeit aus dem Flüchtlingsfonds des Erzbistums Paderborn gefördert. Dies dokumentiere die große Bandbreite der Hilfen von Begrüßungsfeiern, über Sprachkurse, Kleiderkammern, Tafeln, Fahrradwerkstätten bis hin zur Übernahme von Rechtsanwaltskosten.
Nach eineinhalb Jahren intensiver Flüchtlingsarbeit gebe es jedoch auch Ernüchterung. Dies sollte dazu führen, die Dinge nüchterner und realistischer zu sehen. „Wir brauchen einen Blick auf die Wirklichkeit, der geprägt ist von Wohlwollen und Hilfsbereitschaft, der aber auch nüchtern die Schwierigkeiten benennt und versucht, sie zu lösen, statt sie zu leugnen“, sagte Erzbischof Becker.
Einsichten und Anregungen dazu bot das Impulsreferat des bekannten Islamismus-Experten Ahmad Mansour. Der israelisch-arabische Psychologe und Autor, der seit 2004 in Deutschland lebt, beschäftigt sich mit Projekten und Initiativen gegen Radikalisierung. Ahmad Mansour plädierte für „weniger Naivität und mehr Realismus“ in der Debatte um die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen. Wesentlich für eine gelingende Integration derer, die in Deutschland bleiben wollten, sei die konsequente Vermittlung der Werte des Grundgesetzes und der Menschenrechte. Er vermisse eine innergesellschaftliche Debatte zur Stärkung dieser Werte ebenso wie übergreifende Konzepte zur Wertevermittlung. Die Anwesenden ermunterte er, „klar und bewusst“ für diese Werte einzustehen. „Wie gehen wir beispielsweise damit um, wenn muslimische Eltern ihre Kinder am Freitag in die Moschee anstatt zur Schule schicken und damit die Schulpflicht verletzen“, fragte Mansour. Anstatt solche Themen von Rechtsradikalen instrumentalisieren zu lassen, müssten sie in der Mitte der Gesellschaft differenziert besprochen werden.
Gespräch über Hilfen für Flüchtlinge (v.l.): Moderator Christoph Tiegel, Omar Alfarhan, Ahmad Mansour, Markus Groß, Bettina Bielefeld, Pastor Meinolf Wacker, Irmgard Weishaupt, Erzbischof Hans-Josef Becker und Paul Esken. Jürgen Sauer Um die Frage „Was stärkt unser Engagement für Geflüchtete?“ ging es im Anschluss in der ersten von Christoph Tiegel moderierten Talkrunde mit Ahmad Mansour, Domkapitular Dr. Thomas Witt, Flüchtlingsbeauftragter des Erzbistums Paderborn, Rudi Löffelsend, Vorstandsmitglied der Caritas- Flüchtlingshilfe Essen und Dipl. Psych. Irmgard Weishaupt, Leiterin der Beratungsstellen des Kreises Lippe. Die persönliche Beziehung zu den Geflüchteten sei vor allem für die Helferinnen und Helfer motivierend, meinte Domkapitular Dr. Thomas Witt. Er erlebe hier viel Herzblut und Engagement. „Es gibt auch Frustrationen und da müssen wir Hilfe anbieten“, so Dr. Witt.
In einer weiteren Talkrunde mit Ahmad Mansour, Pastor Meinolf Wacker aus Kamen, Paul Esken von der Caritas-Konferenz Hl. Kreuz in Arnsberg, Markus Groß von IN VIA Paderborn, Bettina Bielefeld vom Projekt „Ankommen“ in Dortmund sowie dem aus Syrien geflüchteten Omar Alfarhan berichtete Meinolf Wacker von der positiven Entwicklung der Flüchtlingshilfe in Kamen. „Wir wollen den Flüchtlingen einen Boden bereiten auf dem sie stehen können“, sagte Pastor Wacker. Für den jungen Syrer Omar Alfarhan aus Dortmund besteht dieser Boden derzeit aus einem kaufmännischen Praktikum und der Aussicht auf eine Ausbildung zum Bürokaufmann.
Im Anschluss an die Workshops am Nachmittag feierte Erzbischof Hans-Josef Becker mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen Gottesdienst in der St. Petri-Kirche. Zu dem Bibelwort „Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst“ (Lev 19,33-34), sagte Erzbischof Hans-Josef Becker: „Dafür sollen wir Christen einstehen, auch aus der Überzeugung heraus, dass dies für alle auf Dauer am meisten Segen bringen wird.“
In insgesamt elf Workshops wurden die im Fachtag „Aktiv für Flüchtlinge“ angesprochenen Themen und weitere Aspekte vertieft. pdp Aus den Workshops
In insgesamt elf Workshops wurden die im Fachtag angesprochenen Themen sowie weitere Aspekte vertieft, wie beispielsweise in den folgenden Angeboten:
Belastung und Entlastung in der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe
Was gibt den Ehrenamtlichen Energie in der Flüchtlingshilfe? Was zieht sie umgekehrt nach unten? Um diese und weitere Fragen ging es in einem Workshop mit der Detmolder Psychologin Irmgard Weishaupt, Leiterin der Beratungsstellen des Kreises Lippe. „Die meisten Ehrenamtlichen machen deutlich mehr als sie sich vorgenommen haben“, so Weishaupt. Dies sei typisch für den „Sog“, den diese Form des Ehrenamtes entwickle. Mit potentiellen Folgen für die eigene Psychohygiene. „Für mich ist nicht die investierte Zeit das Problem, sondern die Tatsache, dass mich diese Hilfe gedanklich nicht mehr loslässt“, formulierte es ein Teilnehmer. Eine andere Helferin beschrieb, wie das Ehrenamt einen zum „Wanderer zwischen den Welten“ machen würde. Angesichts der harten Realität von Menschen, die existenzielle Sorgen haben, kämen einem plötzlich die Dinge, mit denen man in Familie und Freundeskreis konfrontiert werde, ziemlich banal vor. „Ich kriege diese beiden Welten nicht mehr zusammen“, so die vielfach geteilte Aussage einer Ehrenamtlichen. In dem Workshop ging es zum einen darum, diese belastenden Erfahrungen positiven Effekten gegenüberzustellen, „Energiefresser“ und umgekehrt „Energiespender“ in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen. Zu den Energiespendern gehören herzliche und fröhliche Begegnungen, das Erleben, wie Menschen Vertrauen gewinnen oder schlichtweg die Erfahrung, dass man gebraucht werde. „Ich kann etwas schaffen“, so die übereinstimmende Erfahrung.
Zusammenhänge durchschauen, statt Parolen verinnerlichen
Dr. Andreas Fisch von der Kommende Dortmund, dem Sozialinstitut des Erzbistums Paderborn, zeigte in diesem Workshop die Argumentationsstrategien von Populisten auf. Sie würden Einzelfälle verallgemeinern und Zusammenhänge bewusst verschleiern. Anstelle seriöser Beweise würden häufig eigene Gewährsleute als Quelle benannt.
Anhand von Zahlen des UNHCR verdeutlichte Dr. Fisch beispielsweise, dass Europa im Gegensatz zu den meisten Entwicklungsländern nur einen kleinen Teil der weltweiten Flüchtlinge aufgenommen habe. Für Deutschland seien die Zahlen für das Jahr 2015 im Nachhinein nach unten korrigiert worden.
Patenarbeit als universale Geschwisterlichkeit
Besonders groß war das Interesse an den Patenschaftsprojekten und den Aktionen unter dem Titel „be brother – be sister“ in Kamen, die Pastor Meinolf Wacker zusammen mit Ehrenamtlichen vorstellte. Patinnen der Flüchtlinge berichteten, dass sie diese Arbeit als große Bereicherung und mehr und mehr als „Begegnung auf Augenhöhe“ empfinden. „Das Gefühl, man kann helfen und aus einer schwierigen Situation etwas Gutes machen ist sehr motivierend“, sagte eine Teilnehmerin. In dem von Ehrenamtlichen getragenen „Orientierungs-Punkt“ in Kamen gibt es regelmäßige Angebote zum Austausch untereinander sowie eine Beratung für die Paten.
Tanzen verbindet
Im Kontakt mit Flüchtlingen, wo die Sprache oft noch eine Barriere darstellt, können andere Wege der Begegnung sehr hilfreich sein. Diese zeigte Maria Manuel von den Caritas-Konferenzen im Erzbistum Paderborn in diesem Workshop auf praktische Weise. Die Teilnehmerinnen lernten verschiedene Tänze aus unterschiedlichen Ländern kennen und probierten diese selbst aus.
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